PUBLIKATION

Destinationsmagazin

ZUSAMMENARBEIT

Martin Bissig (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

5.5.2024

VERHEISSUNGSVOLLES ENNETSEE

 

TV-Profi Nik Hartmann ist ein überzeugtes «Landei». Aufgewachsen im ländlich geprägten Hünenberg, wohnt er mit seiner Familie seit über 20 Jahren in der Gemeinde Risch. Und schwärmt vom Reiz der Gegend.

 

Ennetsee – das klingt verheissungsvoll und irgendwie romantisch. Von Zug aus betrachtet ist der Begriff aber auch mit einem Nachteil verbunden. Hier hat man keine Abendsonne.

 

Das ist Ansichtssache. Die Sonne verschwindet bei uns in Buonas abends einfach nicht spektakulär hinter dem Zugersee, sondern hinter dem Lindenberg. Umgekehrt profitieren wir dank unserer Lage schon früh von Morgensonne. Der schönste Moment ist für mich aber nicht jener, wenn die Sonne aufgeht, sondern die Zeit davor, also der Moment der Dämmerung. Dann schaue ich durchs Küchenfenster auf den verschlafenen Zugersee, der von einem gelben Licht beschienen wird, das vom Osten her einfällt.

 

Spricht so ein Fan des Ennetsees, der in Hünenberg aufgewachsen ist und – nach einem kurzen Abstecher nach Zug – sich mit Frau und Kindern erneut auf dieser Seeseite niedergelassen hat?


Der Kanton Zug ist eigentlich zu klein, um ihn geografisch zu zerteilen, aber ja, es stimmt, mir gefällt die Gegend hier ausgesprochen gut. Ich verlasse die Haustür und stehe schon nach fünf Minuten vor einem gelben Schild mit Wanderwegweiser. Ich wohne mitten im Naherholungsgebiet und bin oft und gerne in der Natur unterwegs. Einer meiner Lieblingsspaziergänge führt zum nahe gelegenen Rischer Chilchberg.

 

Sie sprechen vom Waldstück, wo sich das rätselhafte Steinmonument befindet, das von Menschenhand angeordnet.


Exakt, bei «Klein Stonehenge» handelt es sich um 220 kristalline Blöcke, die nach dem Rückzug des Reussgletschers liegen geblieben sind. Irgendwann wurden sie von Menschenhand zu einer Palisade angeordnet. Deutungsversuche über deren Nutzen gibt es viele, und man rätselt: Handelt es sich um eine ehemalige Kultstätte, war es früher eine Grundstücksgrenze, oder dienten die Steine als Weidmauer? Auch die Datierung des Monuments gestaltet sich schwierig. Archäologen gehen davon aus, dass es aus dem Mittelalter oder der Neuzeit stammt.

 

Die Vertrautheit des Wohnorts bringt es mit sich, dass man da, wo man zu Hause ist, die Sehenswürdigkeiten nicht mehr richtig schätzt. Ergeht es Ihnen auch so?


Nein, ich bin mir bewusst, wie privilegiert ich wohne, schätze die Perlen, von denen ich umgeben bin, und suche sie immer wieder auf. Da wäre zum einen die Kapelle St. German, ein barockes Bauwerk aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, von der aus es nur ein Katzensprung bis zur Seepromenade von Buonas ist. Hier befindet sich eine weitere baukulturelle Sehenswürdigkeit: die historischen Badekabinen aus Holz, die um 1930 entstanden. Ein weiteres Highlight ist die Badeanstalt Zweiern, ein kleines Seebad mit Kieselstrand, Steg und Floss. Zu erwähnen wäre noch das Michaelskreuz, das ich von meinen Velotouren kenne. Auf dem knapp 800 Meter hohen Hügel packt mich jeweils das «Voralpengefühl». Denn von hier aus hat man eine prächtige Weitsicht in die Berner, Urner und Glarner Alpen und sieht sogar den Schwarzwald.

 

Von Schloss Freudenberg, gelegen an der alten Landstrasse zwischen Buonas und Cham, das um 1930 errichtet wurde, haben wir noch gar nicht gesprochen. Eine weitere Perle?


Mehr noch! Die ehemalige englische Premierministerin Margret Thatcher nutzte das Anwesen viele Jahre als Sommerresidenz. Ich erinnere mich noch gut! Als Thatcher dort ihre Freundin Lady Glover besuchte, fuhr jeweils eine von mehreren Polizeimofas eskortierte schwarze Staatslimousine an unserem Elternhaus in Hünenberg vorbei. Wir waren total beeindruckt und versuchten, einen Blick ins Innere der Limousine zu erhaschen. Vergebens! Die Scheiben waren getönt. Schloss und Park befinden sich auch heute noch in Privatbesitz und sind nicht öffentlich zugänglich. Schade, denn ich würde viel darum geben, das Anwesen mit dazugehöriger Orangerie einmal zu besichtigen.


Was ist mit Schloss Buonas, das sich am äussersten Zipfel auf der mit Buchen bewachsenen Halbinsel befindet, die Buonas ihren Ortsnamen gab?


Leider ist auch dieses Schloss in Privatbesitz. Aber zweimal im Jahr ist der Schlosspark für die Bevölkerung geöffnet. Im Mai findet jeweils ein «Tag des offenen Parks» statt, und man kann die blühenden Rhododendren, den Seerosenteich und die Gärtnerei besichtigen. Im Oktober wird auf dem Areal zudem «Sam Fuin», das Sommerwendefest der Kelten, gefeiert. Die Veranstaltung ist ein Riesenerfolg und das Publikum reist – den Autonummern nach zu schliessen – aus der ganzen Schweiz an. Auch ich habe mich schon von der Mystik des Festes anstecken lassen und bin in die Welt von brennenden Fackeln, Gauklern, Glühwein, Dudelsack, Kilt und keltischen Klängen eingetaucht, habe Marroni und Kürbissuppe gegessen. Ich muss zugeben: Die Stimmung war super!

 

Stichwort Fernweh: Stimmt es, dass Sie mit Hilfe einer App gerne Flugzeuge und deren Routen am Himmel verfolgen?


Ja, mit dem Flight Tracker beobachte ich den internationalen Flugverkehr. (N.H. nimmt das Handy hervor und öffnet die App) Jetzt zum Beispiel fliegt gerade eine Boing 737 der Ryanair über unsere Köpfe. Sie ist in London gestartet und landet in Kürze in Mailand. Erst neulich sass ich draussen im Garten und erblickte relativ tief über mir einen Airbus 380 der Emirates. Das derzeit grösste Passagierflugzeug ist ein Vierstrahler, der breite Spuren von Kondensstreifen am Himmel hinterlässt. Er flog von Dubai nach Zürich. Weil die Nord-Süd-Verbindung über Ennetsee führt, ist hier immer viel los. Das fasziniert mich. Dank der Flugzeuge fühle ich mich mit der Welt verbunden.

 

Und dann möchten Sie am liebsten auch gleich verreisen?


Im Gegenteil. Ich bin dann froh, dass ich hier unten in diesem wunderschönen «Nest» verweile und viel Komfort und Beinfreiheit geniesse.