PUBLIKATION

Zuger Neujahrsblatt

ZUSAMMENARBEIT

Amt für Wald und Wild (Zahlen)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

17.11.2021

DER ZUGER WALD – PHäNOMENAL MULTIFUNKTIONAL

 

Der Zuger Wald produziert pro Jahr 68 000 Kubikmeter Holz, bietet Schutz vor Naturgefahren, ist Lebensraum für Pflanzen und Tiere, zentral für die Biodiversität, Erholungsraum, Kraftort und Sportareal zugleich. Diese vielfältigen Aufgaben kann der Wald nur dank verantwortungsvollen Waldeigentümern, soliden Forstbetrieben und einem angemessenen Beitragswesen von Bund und Kanton erfüllen.

 

DER WALD LIEFERT HOLZ
– für Bretter, Balken, Pellets, Karton und Papier


Im Zuger Wald wachsen jedes Jahr 68 000 Kubikmeter Holz. Diese Menge entspricht in etwa 3000 Lkw-Ladungen. Das Naturprodukt Holz wird als vielseitiges Baumaterial und für die Möbelherstellung verwendet. Zudem dient es der CO2-neutralen Wärmeerzeugung.


Steigende Temperaturen und vermehrte Phasen von hoher Trockenheit setzen Bäume unter Stress, erhöhen die Waldbrandgefahr und fördern den Befall durch Schadorganismen. Umso wichtiger ist es, dass die Bewirtschaftung und gezielte Eingriffe die Anpassungsfähigkeit des Lebensraums Wald erhöhen. Die Wirtschaftlichkeit der Eingriffe ist aufgrund der immer noch zu tiefen Holzpreise aber eine grosse Herausforderung. Anders gesagt: Der momentane Holzpreis hilft nicht, die Waldbesitzer für ein Engagement in der Holzernte zu begeistern. Konnten 1950 mit dem Verkauf eines Kubikmeters Holz noch 35 Stundenlöhne bezahlt werden, sind es heute noch ein bis zwei. Grundsätzlich sind mit dem Waldbesitz keine Verantwortlichkeiten oder Aufgaben verbunden. Nur in Ausnahmefällen gibt es eine Bewirtschaftungspflicht. Ganzflächig gilt schweizweit ein Kahlschlagverbot und ein Nachhaltigkeitsgebot. Das bedeutet, es darf nicht mehr Holz genutzt werden, als nachwächst.

 

Im Kanton Zug gibt es keinen reinen Nutzwald. Holz fällt bei der Pflege aller Waldarten an, egal, ob es sich um Schutzwald, Erholungswald oder um Flächen handelt, auf denen die Biodiversität im Zentrum steht. Damit die Wälder nicht verdunkeln, sollte grundsätzlich der Zuwachs von 68 000 Kubikmetern abgeschöpft werden. Dieses Ziel konnte jedoch unter anderem wegen der tiefen Holzpreise in den letzten Jahren nicht erreicht werden. Im Jahre 2020 betrug die Holznutzung im Zuger Wald – bei einer produktiven Waldfläche von 6300 Hektaren – knapp 57 000 Kubikmeter. Von den jährlich geernteten 50 000 bis 60 000 Kubikmeter Holz entfallen zwei Drittel auf Nadel- und ein Drittel auf Laubholz. In der Statistik der Holzernte hinterliessen die Stürme Vivian (1990), Lothar (1999) und Burglind (2018) deutliche Spuren. Nach allen Ereignissen wurde besonders viel Holz geerntet.

 

Rund 50 Prozent des Zuger Holzes wird als Stammholz verarbeitet (z.B. für Bretter, Balken, Latten, Furnier), rund 40 Prozent als Energieholz (z.B. für Stückholz, Schnitzel, Pellets). Der Rest wird zu Industrieholz und findet unter anderem in der Zellstoff- und Zellulosefaserindustrie für die Herstellung von Papier, Faser- und Spanplatten Verwendung.


DER WALD SORGT FÜR SCHUTZ
– dafür braucht es gezielte Holzschläge


45 Prozent des Zuger Waldes schützen Siedlungen, Verkehrswege und andere Infrastrukturbauten vor Naturgefahren wie Erdrutschen und Murgängen, Steinschlägen und Hochwasser. Dank diesem hohen Anteil Schutzwald können technische Verbauungen auf ein Minimum reduziert werden.


Waldbäume armieren mit ihren Wurzeln den Boden und halten mit ihren Stämmen stürzende Steine auf. Dieser natürliche Schutz durch den Wald ist weitaus kostengünstiger als aufwändig konstruierte Schutzbauten. Der Bund hat dies bereits 1876 erkannt und mit dem ersten Forstpolizeigesetz die rechtliche Grundlage geschaffen, um den Schutzwald vor Abholzung zu schützen und seine Pflege zu sichern. Aktuell sind 45 Prozent der Waldfläche im Kanton Zug (2900 Hektaren) auf Basis von einheitlichen Bundeskriterien als Schutzwald ausgeschieden. Davon wurden in den letzten zwölf Jahren knapp 60 Prozent (1600 Hektaren) gepflegt, was in etwa der Fläche der Gemeinde Cham entspricht. Damit der Wald seine Schutzfunktion auch künftig wahrnehmen kann, sollen durchschnittlich jedes Jahr 140 Hektaren der Schutzwaldfläche zielgerichtet gepflegt werden.

 

Zuständig dafür ist das Forstpersonal. Es reguliert den Bestand im Schutzwald so, dass die Bäume nicht überaltern, sondern stabil und vital bleiben. Gesunde, baumartenreiche Wälder mit Bäumen unterschiedlichen Alters bieten einen zuverlässigen Schutz vor Naturgefahren. Der Kanton Zug unterhält mit dem Bund eine umfangreiche «Programmvereinbarung Schutzwald». Diese definiert für eine Zeitspanne von jeweils vier Jahren die Programmziele und Höhe der Bundesbeiträge. Gemäss Bundesamt für Umwelt hat der Kanton Zug «grosse Fortschritte» bei der Schutzwaldpflege gemacht. Das belegen auch die Wirkungskontrollen. Sie erfolgen auf sogenannten «Weiserflächen». Diese je rund eine Hektare grossen Kontrollflächen – der Kanton Zug zählt elf – stehen unter besonderer Beobachtung und dokumentieren die Wirksamkeit der Pflegeeingriffe und die Veränderungen der Schutzwirkung des Waldes.

 

Die Bedeutung des Schutzwaldes hat im Laufe der Jahre zugenommen und wird weiter zunehmen. Die Zuger Bevölkerung wächst von aktuell 128 000 Personen bis ins Jahr 2050 voraussichtlich auf 169 000 Personen an. Die Besiedlung wird immer dichter, neue Infrastrukturbauten müssen realisiert und vor Gefahren geschützt werden.


DER WALD IST BIODIVERS
– da ist auch Alt- und Totholz willkommen


Ein Viertel des Zuger Waldes erfüllt vorrangig Naturschutzfunktionen. Auf diesen 1560 Hektaren geniessen der Erhalt und die Förderung der Biodiversität eine besonders hohe Priorität. Rund die Hälfte aller in der Schweiz vorkommenden Tier- und Pflanzenarten leben ganz oder teilweise im Wald.


Damit die Biodiversität erhalten und gefördert wird, muss der Wald naturnah und vielfältig gepflegt werden. Für Wälder mit besonderer Naturschutzfunktion werden zwei Gebietstypen unterschieden: Waldnaturschutzgebiete, die als grossflächige Kerngebiete funktionieren (total 1300 Hektaren), und besondere Lebensräume, die als Trittsteinbiotope einen verbesserten Verbund der Waldbiotope ermöglichen (260 Hektaren).

 

Eine wichtige Rolle spielen dabei Alt- und Totholz – also Bäume, die ihr Nutzungsalter deutlich überschritten haben oder abgestorben sind. Das Alt- und Totholz wird im Wald belassen, weil sich dies positiv auf die Vielfalt und Verbreitung von Insekten, Flechten, Moosen und Pilzen auswirkt. Auch für gewisse Vögel, Kleinsäuger, Amphibien und Reptilien stellen alte und tote Stämme ein wichtiges Habitat an. Sie dienen als Bruthöhlen, bieten Nahrung, Deckung oder ein feuchtes Milieu.

 

Der Bestand von Altholzbäumen wird von Bund und Kanton speziell gefördert und subventioniert. Entscheidende Kriterien sind die Baumart und der Durchmesser des Stammes auf Brusthöhe. Gefordert sind mindestens 80 Zentimeter (bei Eichen reichen 70 Zentimeter). Pro Baum werden einmalig 250 Franken ausbezahlt für 25 Jahre. Wenn der Durchmesser 100 Zentimeter und grösser ist, erhöht sich die Auszahlung auf 500 Franken. Die jährlich investierten Beiträge und Entschädigungen, die seit 2005 für die gesamten Fördermassnahmen der Biodiversität an die Waldeigentümer im Kanton Zug entrichtet werden, liegen in den letzten Jahren bei rund 600 000 Franken pro Jahr. Die Kosten tragen der Bund und der Kanton Zug.

 

Wertvoll für die Biodiversität sind auch stufige Waldränder und offene Waldstrukturen. Davon profitieren vor allem lichtbedürftige Arten wie seltene Schmetterlinge. Amphibien wiederum lassen sich vornehmlich durch das Anlegen und Pflegen kleiner Teiche und feuchter Waldstellen fördern. Um den Erfolg der Fördermassnahmen längerfristig zu prüfen, werden im Kanton Zug systematische, wiederkehrende Wirkungskontrollen durchgeführt. Dabei handelt es sich beispielsweise um Erhebungen von Gefässpflanzen, Brutvögeln oder Tagfaltern, die in verschiedenen Gebieten mit jeweils derselben Methode aufgenommen und ausgewertet werden.


DER WALD BIETET ERHOLUNG
– aber zu viel Action im Gehölz stört Flora und Fauna

Als Ausgleich zum hektischen Alltag wird der Wald als Ort der Erholung, des Rückzugs und der Stille immer wichtiger. Je länger je mehr mutiert der Wald auch zur beliebten Freizeit- und Sportarena, sei es zum Wandern, Walken, Joggen, Reiten oder Biken. Diese Entwicklung ist nicht ohne Folgen.


Der Wald erfreut sich höchster Beliebtheit. Er bietet Erholungssuchenden einen wohltuenden Ausgleich zum hektischen Alltag und eignet sich hervorragend zum Sporttreiben. Ob zum Biken, Joggen, Reiten, Walken oder Wandern – immer mehr Menschen strömen in den Wald, erkunden Wege und Strecken, entdecken Pflanzen und Tiere, suchen das Abenteuer und die Herausforderung in Wildnis und Natur. Pilze sammeln, Beeren pflücken, eine Wurst grillieren, den Hund spazieren führen, ein Picknick am Waldrand geniessen. Wem möchte man dies schon vergönnen?

 

So positiv das Interesse und die Freude am Wald an sich ist, so problematisch sind manche Begleiterscheinungen für Flora und Fauna. Das starke Besucheraufkommen hat zur Folge, dass der Wildlebensraum immer kleiner wird und störungsanfällige Tier- und Pflanzenarten unter Druck geraten. Da und dort entstehen unkontrolliert neue Wege und Rastplätze, auch an Orten, wo dies nicht vorgesehen ist. GPS-basierte Applikationen führen die Menschen an bisher unbekannte Orte, E-Bikes ermöglichen es, ohne erheblichen Kraftaufwand abgelegene Gebiete zu erreichen, und neue Technologien wie Drohnen steigern das Konfliktpotential zusätzlich. Das Problem: Die Korporationen als grösste Waldbesitzer im Kanton Zug können den immer aufwändigeren Unterhalt und die Pflege nicht mehr über die Einnahmen aus der Holzwirtschaft decken, weil der Holzpreis zu tief ist. Sie fordern vom Kanton mehr finanzielle Mittel.

 

Um trotz des grösseren Besucheraufkommens den Wald als naturnahen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schützen und die Sicherheit bei Waldarbeiten – insbesondere beim Holzfällen – zu gewährleisten, haben Korporationen und Kanton bereits gehandelt. So wurde im Corona-Sommer 2020 gemeinsam eine Informationsoffensive gestartet und die Aufsicht an stark frequentierten Orten im Zuger Wald verstärkt. Die Botschaft der Sensibilisierungskampagnen ist klar: Mit dem seit 1907 im Schweizerischen Zivilgesetzbuch verankerten Recht, den Wald frei betreten zu dürfen, ist auch eine Verantwortung verbunden. Das Publikum muss dem Wald als Lebensraum Sorge tragen und ihm mit dem gebotenen Respekt begegnen.


DER WALD GENERIERT ARBEIT
– im Einsatz sind über hundert Holz- und Waldprofis


Zahlreiche Profis sorgen dafür, dass der Zuger Wald seine unterschiedlichen Funktionen wahrnehmen kann. Sie kümmern sich nicht nur um die Holzernte, sondern auch um die Jungwaldpflege, leisten Einsätze bei der Neophytenbekämpfung sowie bei Hang- und Bachverbauungen. Private Waldbesitzer schickt der Kanton in Holzerkurse.


Forstwarte und Förster verrichten im Wald die unterschiedlichsten Arbeiten und tragen so wesentlich zum ökologischen Gleichgewicht des Waldes bei. Je nach Saison und Region fallen unterschiedliche Arbeiten an. Im Herbst und Winter dominiert die Holzernte. Vor dem Fällen der Bäume erfolgen präzise Vorbereitungen. Forstwarte sperren die Umgebung ab, beurteilen die Bäume nach verschiedenen Kriterien und bestimmen die Fällrichtung. Anschliessend wird die richtungsweisende Fällkerbe mit der Motorsäge aus dem Wurzelanlauf gesägt. Der Fällschnitt bringt den Baum zu Fall. Der Stamm wird entastet, das Holz sortiert und per Forsttraktor oder Seilkran an den Lageplatz transportiert. Vor allem die Ernte von Sturmholz braucht viel Erfahrung. Denn hier besteht die Gefahr, dass das Holz unter Spannung steht und sich diese plötzlich unkontrolliert entlädt.

 

Weniger hart als im Winter gestaltet sich die Arbeit vom Frühling bis Herbst. Dann widmen sich die Forstarbeiter der Jungwaldpflege. Stehen junge Bäume zu dicht, werden einzelne entfernt. Seltenere, zukunftsfähige Arten werden gefördert. Wo Waldbäume nicht von sich aus keimen, werden junge Bäume gepflanzt. Weitere Aufgaben der Waldprofis sind der Bau und Unterhalt von Wegen und Erholungseinrichtungen, Einsätze bei Hang- und Bachverbauungen sowie die Neophytenbekämpfung. Im Kanton Zug gibt es 6 Forstbetriebe (gemeint sind die Korporationen und der Staatsforstbetrieb) mit 57 Beschäftigten und 10 private Forstunternehmen mit 33 Beschäftigten. Aktuell bildet der Kanton 12 Forstwartlehrlinge aus. Ergibt ein Total von 102 Beschäftigten.

 

Forstwarte und Förster müssen robust sein und sind den Launen des Wetters ausgesetzt. Zudem stellt die Waldwirtschaft eine der unfallträchtigsten und risikoreichsten Branchen dar. Die meisten Unfälle ereignen sich bei der Holzernte und beim Transport des Holzes an den Lagerplatz. Jährlich kommt es schweizweit zu rund 1700 Berufsunfällen. Die schwersten ereignen sich laut Suva beim Fällen von Bäumen.

 

Damit auch die 1200 privaten Waldbesitzer, die keine Forstausbildung haben, selber ihr Holz schlagen können, bietet der Kanton Zug jedes Jahr sogenannte Holzernte-Kurse an. Seit 2017 schreibt das Waldgesetz des Bundes sogar ein Obligatorium für den zehntägigen Kurs vor. Das Interesse an den Kursen ist hoch, und dem Kanton ist die Sicherheit der Holzfäller etwas wert: Er subventioniert die Kurskosten zu 50 Prozent


DER WALD IST BÄUMIG
– vor allem Fichten und Tannen sind gut vertreten


2,58 Millionen Bäume, die dicker als 12 Zentimeter sind, gibt es gemäss der letzten kantonalen Erhebung im Kanton Zug. Zwei von drei Bäumen im Zuger Wald sind Nadelbäume. Vor allem die Fichte ist gut vertreten. Föhren, Linden, Erlen, Douglasien und Birken sind hingegen rar.


Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, dann liegt das womöglich an diesen Zahlen. Von den 2,58 Millionen Bäumen, die im Zuger Wald stehen, sind rund 1,2 Millionen Fichten, 659 000 Tannen und 17 000 übrige Nadelhölzer (Wald- und Bergföhren, Lärchen oder Eiben). Hinzu kommen die Laubhölzer. Da zählt der Kanton 298 000 Buchen und 402 000 übrige Laubhölzer. Insgesamt sind es 37 Arten. Die Esche ist sowohl schweizweit als auch im Kanton Zug nach der Buche die zweithäufigste Laubbaumart. Im Kanton Zug machte sie gemäss einer Erhebung aus dem Jahre 2010 knapp 7 Prozent der Laubbäume aus, wobei dieser Prozentsatz aufgrund des Eschentriebsterbens zwischenzeitlich stark gesunken ist.

 

Auch die Fläche, die die Bäume einnehmen, ist beachtlich: Der Zuger Wald erstreckt sich vom Mittelland bis in die Voralpen. Dies führt zu einer grossen Anzahl an sogenannten Waldgesellschaften. In Tieflagen, wie zum Beispiel im Gebiet Ennetsee, finden sich vor allem Buchen- und Eichenwälder. In mittleren Lagen, also im Bereich von Neuheim bis zum Zugerberg, sind Buchen- und Tannenwälder verbreitet und in höheren Lagen, im Raten etwa oder im Wildspitzgebiet, sind vor allem Tannen- und Fichtenwälder anzutreffen. Da früher insbesondere Fichten aufgeforstet wurden, findet sich diese Baumart auch in tieferen Lagen noch häufig. Seit dem Jahr 1990 wird der Bestand von Fichten allerdings laufend reduziert. Trotzdem ist die Fichte mit einem Anteil von rund 40 Prozent noch immer der häufigste Nadelbaum im Kanton Zug, gefolgt von der Tanne, welche rund 25 Prozent des Waldes ausmacht. Der höchste Baum im Kanton ist ebenfalls eine Fichte und misst 53 Meter. Er steht in der Gemeinde Oberägeri im Gutschwald. 

 

Aufforstung oder neue Anpflanzungen werden nur wenige getätigt: Im bislang letzten erhobenen Jahr, 2017, wurden in den Zuger Wäldern 20 790 Bäume gepflanzt, davon waren 14 470 Nadelbäume und 6320 Laubbäume; dies auf einer Fläche von ungefähr vier Fussballfeldern. Pro Jahr wird somit gerade einmal ein Tausendstel der gesamten Zuger Waldfläche künstlich verjüngt. Wo immer möglich erfolgt die Verjüngung durch die natürliche Verbreitung der Samen. Anpflanzungen sind dann sinnvoll und notwendig, wenn der Konkurrenzdruck durch die Krautschicht – insbesondere Brombeeren – zu hoch ist.


DER WALD KÄMPFT
– mit Pilzen, Käfern, Hitze und Stürmen


Unser Wald ist nicht nur dem rasch ändernden Klima, sondern auch vielen anderen Störungen ausgesetzt. Da gibt es zum Beispiel einen Pilz, der die Eschen befällt, und der Buchdrucker, der sich an den Fichten zu schaffen macht. Die ökologischen und finanziellen Folgeschäden sind beträchtlich.


Beim Eschentriebsterben, auch Eschenwelke genannt, handelt es sich um eine schwere Baumkrankheit, die durch den aus Ostasien eingeschleppten Pilz «Hymenoscyphus fraxineus» verursacht wird. Das Problem beschäftigt die Zuger Waldbesitzer seit 2009. Verbreitet wird der Pilz durch den Wind. Im Sommer werden die Eschenblätter von Pilzsporen befallen. Diese gelangen über Blattstiele in Zweige und Äste bis hin zum Stamm. Weil die Triebe oberhalb der befallenen Stelle nur noch ungenügend mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden können, sterben zuerst die Triebe und schliesslich die gesamten Bäume ab. Ein weiteres Problem: Durch den Pilzbefall geschwächte Bäume sind anfällig für weitere Schädlinge, die das Absterben der Eschen zusätzlich beschleunigen.

 

Stark befallene Eschen erkennt man an gelichteten Baumkronen mit dürren Ästen. Sie stellen, vor allem wenn sie sich entlang von Strassen und Gebäuden befinden, ein Sicherheitsrisiko dar und müssen gefällt werden. Die Bäume werden somit in der Regel früher geerntet, als wenn sie gesund wären. Das untere Stammstück ist zudem meist vom Pilz verfärbt und eignet sich nicht mehr für die Möbelherstellung. Das minderwertige Holz muss dem Energieholz zugeführt werden, was erhebliche finanzielle Einbussen zur Folge hat. Jährlich müssen im Kanton Zug wegen des Eschentriebsterbens rund 4000 Kubikmeter Eschenholz gefällt werden, was etwa 200 Lastwagenladungen entspricht. Bis heute sind keine wirkungsvollen Massnahmen gegen das Eschentriebsterben bekannt.

 

Immer wieder zu kämpfen hatte der Zuger Wald in der Vergangenheit auch mit dem Buchdruckkäfer. Dieser nistet sich in der Rinde von Rottannen respektive Fichten ein, der häufigsten Zuger Baumart. Vor allem 2001 (Sturm Lothar) und 2018 (Sturm Burglind) waren für den Buchdrucker ergiebige Jahre. Das Problem: Bleibt Sturmholz im Wald liegen, kann sich der Käfer dort in den frisch gefallenen Bäumen kräftig vermehren – es entsteht ein sogenanntes Käfernest. Um dies zu vermeiden, muss gefallenes und stark beschädigtes Holz schnellstmöglich aus dem Wald entfernt werden. Die Bäume rund um die Schneise müssen anschliessend regelmässig auf frischen Befall kontrolliert werden. Damit dies gelingt, wird in Zuger Wäldern die Entfernung von frisch befallenem Käferholz vom Kanton sowie vom Bund finanziell unterstützt. Die präventiven Massnahmen – insbesondere Käferkontrollen zwischen Mai und September (Flugzeit der Buchdrucker) – helfen. 2018 gab es ein Rekordjahr an Käferholz. Über 10 000 Kubikmeter Holz waren befallen. Seither ist die Verbreitung des Buchdruckerkäfers im Kanton Zug aber wieder rückläufig und der Befall nimmt ab. 


DER WALD WIRD ÖKOLOGISCHER
– neuerdings auch dank dem Verzicht auf Pestizide


Nicht nur die naturnahe Waldpflege und die vielen Naturschutzgebiete machen den Zuger Wald ökologischer. Auch der absolute Verzicht auf Pestizide, wie ihn die Waldeigentümer und der Kanton unlängst beschlossen haben, zeigt Wirkung. Um gefälltes Holz dennoch vor holzschädigenden Borkenkäfern zu schützen, werden Logistik und Lagerung optimiert.


Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Schweizer Wald ist gemäss Bundesgesetzgebung nur in Ausnahmefällen erlaubt. Wie in anderen Kantonen haben auch die Zuger Waldbesitzer in der Vergangenheit unter strengen Vorgaben punktuell von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und offiziell zugelassene Schutzmittel in minimalen Mengen appliziert; dies ausschliesslich, um im Wald gelagertes Nadel-Rundholz vor dem holzschädigenden Nutzholzborkenkäfer zu schützen und somit einem beträchtlichen Wertverlust des Holzes vorzubeugen.

 

Mit der Frage, ob im Zuger Wald vollständig auf Holzschutzmittel verzichtet werden kann, beschäftigt man sich im Kanton Zug schon länger. Sowohl der Verband «WaldZug» wie auch das Amt für Wald und Wild sind sich einig: Chemie gehört eigentlich nicht in das natürliche Ökosystem Wald und Spritzmittel passen nicht zum Image einer umweltfreundlichen und zukunftsgerichteten Waldbewirtschaftung. Bereits im Jahre 2019 liessen die Verantwortlichen durchblicken, dass für den Kanton Zug eine Waldbewirtschaftung ohne Einsatz von Insektiziden ein erstrebenswertes Ziel sei. Im Frühling 2021 beschlossen die Waldeigentümer und der Kanton schliesslich gemeinsam, im Wald keine chemischen Holzschutzmittel mehr einzusetzen.

Um den drohenden Wertverlust des Holzes möglichst gering zu halten, müssen nun alternative Methoden geprüft werden. So werden die Logistik und die Holzlagerung optimiert und neue mechanische Schutzmöglichkeiten getestet. Dazu gehört auch der aktuell laufende Versuch in Oberägeri, die gefrässigen Käfer mit feinen, unbehandelten Schutznetzen von den Holzpoltern fernzuhalten.

 

Vor dem Verbot lag die mit Pflanzenschutzmitteln behandelte Holzmenge meist zwischen 2800 und 5400 Kubikmetern. In die Höhe – nämlich auf über 9000 Kubikmeter – schoss diese Zahl im Jahre 2018. Grund war der Sturm «Burglind», der überdurchschnittlich viel Sturmholz brachte. Dieses konnte nicht alles gleichzeitig aus dem Wald befördert werden und musste darum vor Schädlingen geschützt werden.


DER WALD VERURSACHT KOSTEN
– und wird darum von Kanton und Bund subventioniert


Die Waldpflege ist aufwändig und kostet Geld. Weil die ganze Bevölkerung davon profitiert, werden die Waldeigentümer für bestimmte Arbeiten und Massnahmen von Bund und Kanton finanziell unterstützt. Subventionierte Leistungen müssen gemeinsam definiert und in Verträgen vereinbart werden.


Der Kanton legt für bestimmte Waldnaturschutzgebiete Aufwertungs- und Pflegemassnahmen verbindlich fest. So will es das kantonale Waldgesetz und das Bundesgesetz über den Natur- und Landschaftsschutz. Die Fördermassnahmen – zum Beispiel zu Gunsten der Biodiversität und des Naturschutzes – setzen allerdings auf Freiwilligkeit. Der Kanton ist also auf die Kooperations-bereitschaft der Waldeigentümer angewiesen. Weil auch sie ein Interesse an einem gesunden, vitalen Wald haben, schliessen sie mit den Behörden entsprechende Verträge ab.

 

Konkret haben die Waldeigentümer Anspruch auf angemessene Beiträge und Entschädigungen, wenn sie eine bestimmte Nutzung anpassen oder einschränken bzw. eine Leistung ohne entsprechenden wirtschaftlichen Ertrag erbringen. Wenn zum Beispiel ein Waldbesitzer in seinem Wald Totholz stehen lässt, wird er entsprechend entschädigt, weil er damit auf eine Holznutzung und einen Holzerlös verzichtet und stattdessen einen Beitrag zur Biodiversität leistet. Auch wenn er Altholz stehen lässt, wird er entschädigt. Denn bei alten Bäumen nehmen der Holzzuwachs und die Holzqualität ab. Entschädigungen gibt es zudem, wenn ein Waldbesitzer in seinem Wald bewusst Waldlichtungen schafft. Von diesen profitieren bestimmte Pflanzen und Tiere.

 

Die Beiträge des Bundes werden direkt zwischen dem Kanton und dem Bund verhandelt und über die Dauer von mehreren Jahren vertraglich festgelegt. Der Kanton ist dafür verantwortlich, dass die vereinbarten Ziele erreicht werden. In einer gemeinsamen «Programmvereinbarung» verpflichtet sich der Kanton zu einer Reihe klar definierter Leistungen. Diese Leistungen werden in Form von Flächen und anhand von Wirkungskontrollen beschrieben und sind innerhalb einer festgesetzten Frist zu erbringen.

 

Die geleisteten Auszahlungen stiegen seit 2005 kontinuierlich an und liegen seit 2012 im Bereich von rund CHF 600 000 pro Jahr. Sie machen für die Waldeigentümer über die Hälfte der Einnahmen für alle durchgeführten Massnahmen im Waldnaturschutz aus. Die restlichen Einnahmen zur Aufwandfinanzierung stammen aus dem Holzverkauf.


DER WALD STEHT FÜR TRADITION
– und so soll es auch in Zukunft bleiben


Die nachhaltige Pflege und Nutzung des Waldes geniesst in der Schweiz eine lange Tradition. Besonders stolz ist man im Kanton Zug auf das Flössen, also das Transportieren von schwimmenden Baumstämmen über den Ägerisee. Das Spektakel findet rund alle vier Jahre statt.


In der Schweiz war die Flösserei vom Mittelalter bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die bedeutendste und günstigste Transportmethode für Holz. Riesige Mengen an Bau- und Brennholz wurden auf diesem Weg vor allem aus den Nadelwäldern in den Bergregionen in wachsende Städte und Dörfer der Umgebung transportiert.

 

Heutzutage wird die traditionelle Methode des Flössens in Mitteleuropa – abgesehen vom Ägerisee – nirgendwo mehr praktiziert. Und weltweit ist das Flössen heute nur noch in wenigen Ländern von Bedeutung, so zum Beispiel in Russland und Kanada sowie in Bangladesch, wo Bambus aus den Bergwäldern in die Küstenstädte geflösst wird.

 

Für die Arbeit im Flösserwald und das Flössen im Ägerital sind die lokalen Forstfachleuten der beiden Korporationen zuständig. Die Bäume aus dem 55 Hektaren grossen Bergwald werden für das «Reisten» jeweils in Hangrichtung gefällt, gesichert, entastet, vorne abgerundet und schliesslich auf den «Reistgassen» den Berg hinuntergelassen. Je nach Hangneigung und Widerstand können die heruntergleitenden Stämme Geschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde erreichen. Im Idealfall gleiten die Stämme direkt in den See, andernfalls muss ihnen nachgeholfen werden, indem sie mit Spitzhacke, Winden und Seilzug wieder in die richtige Rutschposition befördert werden. Die schwimmende Holzkonstruktion erreichte in jüngerer Zeit eine Länge von 175 Metern und ein Gewicht von 1000 Tonnen.

 

Fürs Floss werden primär Nadelhölzer (vor allem Weisstannen) verwendet. Laubhölzer wie Ulmen, Eschen und Ahorn schwimmen aufgrund der höheren spezifischen Dichte schlecht oder gar nicht. Sie müssen deshalb auf dem Landweg aus dem Gebiet transportiert werden. Das Flössen auf dem Ägerisee ist offiziell Bestandteil der «Lebendigen Traditionen der Schweiz». Mit einem jüngst verabschiedeten Konzept unterstrichen die Korporationen Ober- und Unterägeri, die beiden Einwohnergemeinden sowie das Amt für Wald und Wild des Kantons Zug die Bedeutung der Flössertradition auf dem Ägerisee. Gemeinsam ist man gewillt, dieses faszinierende kulturelle Erbe rund ums Holz langfristig zu erhalten.