PUBLIKATION

Schweizer Familie
 

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

30.12.2008

DELIRIEREN MIT DIDDL

 

Amt für Plüschtiere

 

Der Seufzer kam von tief unten und liess ahnen, dass mir meine Freundin etwas Schwerwiegendes anvertrauen wollte. Eine ungewollte Schwangerschaft? Ein Totalcrash beim Auto? Die fristlose Kündigung? Schlimmer noch! Bei der bedenklichen Mitteilung ging es um den Weihnachtswunsch ihrer achtjährigen Tochter: Ein Diddl aus Plüsch. Genauer: Eine fette, weisse, mit rosa Ohren, schwarzer Stupsnase, kleinen Nagezähnen und riesigen Klumpfüssen ausgestattete Springmaus, in der stattlichen Grösse von 1.20 Meter.

 

Selbst Kinderlosen mag die Existenz dieses elend hässlichen, so genannten Kuscheltiers nicht entgangen sein, denn es ist allerorts präsent, und erobert seit  Jahren die Territorien der Warenhäuser - und das nicht nur zur Weichnachtszeit! In Form von: Diddl-Kugelschreiber, Diddl-Schlüsselanhänger, Diddl-Lippgloss, Diddl-Spieluhr, Diddl-Badetuch, Diddl-Beautycase, Diddl-Trinkbecher, Diddl-Trinkflasche, Diddl-Bastelbogen, Diddl-Wandkalender, Diddl-Terminplaner, Diddl-Stickerbogen, Diddl-Schreibblock, Diddl-Radiergummi, Diddl-Handtasche, Diddl-Finken, Diddl-Ringordner, Diddl-Schreibtischunterlage, Diddl-Steppdecke, Diddl-Fleece-Kissen, Diddl-Tagebuch, Diddl-Rätselspass, Diddl-Tupperware, Diddl-Portemonnaie, Diddl-Tintenkiller, Diddl-Wollschahl, Diddl-Sporttasche, Diddl-Rollkoffer - und auch wenn Sie nun eine Ahnung vom Sortiment (total über 1000 Artikel) haben, führe ich die Aufzählung fort, denn es ist durchaus möglich, dass auch Ihre Tochter sich vom Christkind sehnlichst einen Diddl-Rucksack, Diddl-Vorhang, Diddl-Regenschirm, ein Diddl-Pyjama, Diddl-Spannbettlaken, ein Diddl-Eau-de-Toilette, ein Diddl-Duschgel, Diddl-Sweetshirt, Diddl-Socken, Diddl-Pulswärmer, eine Diddl-Haarbürste, eine Diddl-Strumphose oder eine rosarote Diddl-Spiegelkommode wünscht und sich die Frage aufdrängt: Muss man als Eltern Wünsche, die einem persönlich zu tiefst widerstreben, erfüllen?

 

Meine Freundin mochte  ihrer Tochter aus Rücksicht auf deren Zuneigung gegenüber der Springmaus nicht sagen, dass sie den Anblick dieses überdimensionalen Staubfängers in den eigenen vier Wänden nicht ertragen würde. Also argumentierte sie mit dem Preis: 279 Franken für ein Plüschtier sei schlicht und einfach zu viel. «Kein Problem», meinte die Tochter und konterte: «Ich bezahle die Hälfte selber - aus meinem Taschengeld.»