PUBLIKATION

Magazin Andante

ZUSAMMENARBEIT

Severin Jakob (Foto)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2024

ICH WILL SCHREINER WERDEN

 

Fabian Peter ist auf dem Weg zu seinem Traumjob. Schon bald hat er einen anerkannten Abschluss – das eidgenössische Berufsattest EBA – im Sack. Für die Planung und Realisierung von Holzmöbeln ist der 20-Jährige Feuer und Flamme.

 

Pilot? Polizist? Profifussballer oder Filmschauspieler? Die Vorstellungen über den Traumjob sind individuell und vom Alter abhängig. Auch Fabian Peter überlegte sich als Teenager, was er später «einmal werden möchte». Seine Freude fürs Holz entdeckte er in der Heilpädagogischen Schule, als sein Klassenlehrer im Vaterschaftsurlaub weilte und ein Aushilfelehrer einsprang, der im Werkunterricht seine Begeisterung für Holz mit der Klasse teilte. Fabian konnte ein kleines Holzhaus anfertigen und merkte, wie viel Freude ihm der Umgang mit Hölzern und Werkzeugen bereitet. «Ich kam auf den Geschmack», erinnert er sich. Als er kurz darauf am Zukunftstag auch noch die Möglichkeit hatte, in einer Schreinerei zu schnuppern, war der Fall klar: «Ich wollte Schreiner werden.»

 

Hand dazu bot die Stiftung Andante, die in Steckborn eine Schreinerei betreibt. Zuerst absolvierte Fabian dort die zweijährige praktische Ausbildung (PrA). Gleich im Anschluss daran startete er die Lehre im Rahmen des Eidgenössischen Berufsattests (EBA). Fabian ist derzeit im zweiten Lehrjahr und schließt seine Ausbildung im Sommer 2024 ab. «Ich staune, wie schnell die Zeit vergeht», meint er und strahlt. «Eben erst habe ich die praktische Ausbildung begonnen, und schon bald habe ich mein eidgenössisches Attest im Sack.»

 

Gegenwärtig arbeitet Fabian an einer Kommode aus Eschenholz, ein Auftrag, den er sich sozusagen selber erteilt hat, weil er ein solches Möbelstück gut bei sich im Zimmer brauchen kann. Fabian zieht ein Blatt Papier aus der Tasche und erklärt die Skizze mit den Zahlen und fein gezeichneten Linien, welche das Möbelstück im Maßstab 1:20 abbildet. Gar nicht so einfach, einen solchen Plan als Laie lesen zu können. «Das hat viel mit Vorstellungsvermögen zu tun», kommentiert Fabian. «Und natürlich muss man rechnen können. Aber das ist reine Übungssache.» Ein Möbelstück, betont er, müsse am Ende nicht nur gut aussehen, sondern auch stabil sein. Hier spricht der Profi! Egal, ob Kommode, Schrank, Sitzbank, Sideboard oder «Chuchichäschtli». Fabian sei motiviert und erledige die ihm übertragenen Aufträge zuverlässig, erzählt Andreas Gnädinger, der ihm bei Andante als Lehrmeister zur Seite steht. «Man merkt, dass ihm die Arbeit Freude macht.» Gewissenhaft und vorschriftsgemäß arbeitet Fabian mittlerweile auch mit den zahlreichen Maschinen, wie Fräsen, Sägen, Hobel- und Bohrmaschinen, die für die Holzverarbeitung zum Einsatz kommen.

 

Ergänzend zu seiner Beschäftigung bei Andante arbeitet Fabian einen Tag pro Woche bei der Schreinerei Meier in Weinfelden und sieht dort, wie es auf dem ersten Arbeitsmarkt zu- und hergeht. Hier hat er mit anderen Menschen zu tun und muss sich in ein weiteres Team integrieren – eine wertvolle Erfahrung und Abwechslung für den jungen Berufsmann. Hinzu kommen die überbetrieblichen Kurse (ÜK) und der wöchentliche Besuch der Berufsschule in Weinfelden, wo nebst Mathematik und Materialkunde auch Allgemeinbildung auf dem Stundenplan steht. Fabian ist Teil einer fünfköpfigen Klasse und fühlt sich darin bestens aufgehoben. Kommt ein Klassenkamerad bei einer Aufgabe mal nicht weiter, ist Fabian gerne behilflich. «Wir müssen uns gegenseitig unterstützen!», betont er. Auch er sei schließlich froh, wenn er von seinen Vorgesetzten Hilfe erhalte, z.B. wenn ein Plan sehr komplex sei und er bei einem Ausführungsschritt nicht mehr weiterwisse.

 

An der Abschlussprüfung möchte Fabian nicht einfach nur durchkommen, sondern er will sie mit guten Noten bestehen. «Ich darf mich nicht stressen lassen, dann schaffe ich das», meint er zuversichtlich. Wichtig ist, dass nebst Schule, Job und Ausbildung die Freizeit nicht zu kurz kommt. Der gross gewachsene Thurgauer ist Mitglied beim FC Lion Kings, ein eigenständiger Fussballverein für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. In seiner Wohngemeinde Wiesendangen engagiert er sich zudem in der freiwilligen Feuerwehr und nimmt einmal pro Monat an einer Übung teil. Feuerwehrmann! – Wäre das nicht auch ein Traumjob? «Nein», stellt Fabian abschließend nochmals klar. «Ich will Schreiner sein. Die Feuerwehr ist nur mein Hobby.»