MäNNER MIT KELLER
Die Patek Philipp trägt man stolz am Handgelenk, der Aston Martin wird fröhlich vorgeführt. Die Türen zum Weinkeller aber bleiben verschlossen. Zwei Zuger Persönlichkeiten machen eine Ausnahme und führen uns zu ihren edlen Tropfen.
Es wäre gelogen, zu behaupten, der bevorstehende Besuch eines der exquisitesten Weinkeller in der Region wäre nicht mit einer gewissen Nervosität verbunden. Zum Glück aber entspricht Christoph Hürlimann, Besitzer und Sammler der edlen Flaschen, so gar nicht dem Klischee des elitären Weinsnobs, der abgehoben, selbstverliebt und für Laien unverständlich über seine Passion referiert. Im Gegenteil: Der Zuger Geschäftsmann ist total unkompliziert unterwegs, bestens gelaunt und gewillt, sich mit einer Ahnungslosen einzulassen. Man merkt sofort, wie viel Freude ihm seine Weine bereiten. Sie lagern im Keller des Restaurants Sternen in Walchwil, eine Liegenschaft, die Hürlimann gehört.
Neugierig steigt man in den Untergrund, tritt in einen schmalen, gut beleuchteten Raum und staunt. Der Weinkeller ist mit 11 Grad Raumtemperatur zwar erwartungsgemäss kühl, aber deutlich kleiner, als gedacht. «Hier lagert nur ein Teil der Sammlung», präzisiert Hürlimann und steuert auf eine Reihe Weissweine mit dem Namen «Château d’Yquem» zu. Der goldgelbfarbene Tropfen gilt als weltweit bester und teuerster Süsswein und stammt aus Sauternes, einer kleinen Ortschaft südöstlich von Bordeaux. Die hellen, farblich je nach Jahrgang changierenden Flaschen bedeuten dem Sammler viel. Mit ihnen hat er vor über 30 Jahren seine Sammlertätigkeit gestartet. Mittlerweile weist er vom «Yquem» eine fast lückenlose Sammlung ab 1893 aus. Oder hier, dieser geschmeidige australische Spitzenwein namens «Grange», ein reiner Shiraz aus dem Hause Penfolds: voluminös und würzig. Auch von diesem Kultwein hat Hürlimann im Laufe der Jahre sämtliche 75-cl-Flaschen ab 1973 erstanden. Darüber hinaus ist er beim «Grange» stolzer Besitzer der kompletten und weltweit einzigen Magnum-Sammlung von 1979 bis heute. Die stattlichen, formschönen Flaschen geben ein fantastisches Bild. Man möchte am liebsten gleich den Zapfenzieher holen.
Es liegt auf der Hand und ist in der Branche bekannt, dass es sich bei Hürlimanns Flaschen um eine Sammlung von erheblichem Wert, ja um eine Kostbarkeit der Extraklasse handelt, doch irgendwie hat man Hemmungen, diesbezüglich nach Details zu fragen. «Über Preise müssen wir nicht sprechen», findet auch der Sammler, räumt aber ein, dass einige Flaschen durchaus rar und entsprechend wertvoll seien. Der Walchwiler ersteht sie direkt bei den Produzenten, über private Veräusserungen oder ersteigert sie an internationalen Auktionen. Die Gebote erstrecken sich von mehreren Hundert bis mehreren Tausend Franken, können sich laut Experten allerdings auch im fünfstelligen Bereich bewegen. Da schluckt manch einer leer. Mehrere Tausend Franken für eine einzige Flasche Wein? Wer braucht denn so was? Ist das nötig? Macht das Sinn? «Das Sammeln ist ein Virus, eine Sucht, die sich nicht therapieren lässt», gesteht Hürlimann und erwähnt, dass bereits sein Vater über eine respektable Weinsammlung mit schönen Burgundern verfügte. Bei passenden Gelegenheiten wurde im Familienkreis immer mal wieder eine Flasche kredenzt. Der Sohn setzt heute selber weniger auf sanfte, leichte Burgunder als auf aromatische komplexere Rotweine mit hohem Tanningehalt, die lange haltbar sind.
Im Gespräch mit Hürlimann wird deutlich: Wein sammeln heisst nicht einfach teuren Wein kaufen. Wein sammeln heisst vor allem, sich mit Wein beschäftigen: mit der Geschichte der Weingüter, mit der Arbeit des Produzenten, mit Rebsorten, Alterungsprozessen, Trinkreife. Hürlimann liest viel, recherchiert im Internet, reist umher, besucht Winzer, pflegt den Austausch mit Sammlern und Händlern, regelmässig auch mit Sommelier Josef Pargfrieder, der an der Grabenstrasse in Zug das gleichnamige Fachgeschäft führt. Hürlimann investiert also nicht einfach nur viel Geld, sondern vor allem eine Menge Zeit. Und er nimmt sein Hobby ernst. Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass er da eine Leidenschaft pflegt, der etwas Unvernünftiges anhaftet, die für manch Aussenstehende schlicht nicht nachvollziehbar ist. Doch könnte man das Gleiche nicht auch über Uhrensammler sagen, die fanatisch einem bestimmten Modell hinterherjagen und keine Ruhe geben, bis ein bestimmtes «objet de désir» erobert ist, obwohl im Safe bereits viele andere Stücke liegen?
Wie es sich für einen seriösen Sammler gehört, kauft Hürlimann nur, wenn er weiss, woher eine Flasche stammt. «Denn Weine werden gepanscht und gefälscht seit es Menschen gibt, die sie trinken», so der Walchwiler. «Und bei hochpreisigen Weinen ist das Risiko besonders gross.» Ebenso muss er die Garantie haben, dass die Weine sachgemäss gelagert wurden, also bei konstant niedriger Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit. Bestehen irgendwelche Zweifel oder erscheint ihm ein Angebot auf dem Markt dubios, lässt Hürlimann die Finger von der Flasche. Keinesfalls, so betont er, gehe es ihm darum, möglichst viele verschiedene Flaschen zu besitzen, viel eher halte er Ausschau nach speziellen Weinen, die im Laufe der Jahre unterschiedliche Nuancen entwickeln; wie den kräftigen und eleganten «Harlan Estate», ein Cabernet Sauvignon aus dem Herzen des kalifornischen Napa Valley, der erst seit 1990 produziert wird und von dem Hürlimann alle Jahrgänge besitzt. Mit einer jährlichen Produktionsmenge von 1200 bis 2000 Kisten à 12 Flaschen ist dieser Tropfen stark limitiert, was ihn umso begehrenswerter macht. Pro Jahr gelangen nur gerade sechs bis zehn Flaschen in die Schweiz, mindestens eine davon findet jeweils den Weg zu Christoph Hürlimann. Bewertungen des US-Kritikers bzw. Weinpapstes Robert Parker mit einer Punktezahl von über 95 (bei einem Maximalwert von 100), aber auch Ehrungen und Auszeichnungen zeigen, warum Kenner beim schweren Weltklassetropfen unisono Lobeshymnen anstimmen und in Begeisterungsstürme ausbrechen. «Reife, ältere Harlans sind auf dem Markt fast nicht auffindbar», erzählt Hürlimann. «Die Wartelisten werden immer länger.»
Für Hürlimann, den Ästheten, zählt freilich nicht nur der Flascheninhalt, auch das Design muss stimmen. Das Auge trinkt schliesslich mit. Besonders angetan ist er darum – aber nicht nur deswegen! - vom Château Mouton Rothschild, einem Meisterstück der Winzerkunst. Die Etikette des noblen Bordeaux wird seit 1945 jedes Jahr von einem anderen Künstler gestaltet. Und weil Hürlimann auch hier über alle Jahrgänge verfügt, lassen sich in seinem Keller sämtlich Etiketten von weltweit gefeierten Künstlern bestaunen. Jean Cocteau, Salvador Dalí, Henry Moore, Marc Chagall und Pablo Picasso wurden genauso mit der edlen Gestaltungsaufgabe betraut wie Andy Warhol, Keith Haring, Georg Baselitz, Niki de Saint Phalle, Ilya Kabakov, Jeff Koons oder der Schweizer Künstler Hans Erni, der 1987 zum Zuge kam. Kostenpunkt: 500 bis 1000 Franken plus. Einen besonderen Wert unter Sammlern geniesst laut Hürlimann die Flasche aus dem Jahre 1993, für die der französische Künstler Balthus als Motiv ein nacktes, träumendes Mädchen zeichnete – ein No-Go für den amerikanischen Markt, für den nach einer Welle der Empörung eine alternative Etikette kreiert werden musste. Sie enthält lediglich die Beschriftung und ansonsten ist sie quasi jungfräulich leer. Hürlimann besitzt sowohl die Flasche mit der «unanständigen» wie jene mit der «anständigen» Etikette. Beide sind auf dem Markt gleichermassen gefragt. Dasselbe gilt fraglos für die 1945er Flasche, die ebenfalls bei Hürlimann im Keller ruht. Produziert nach dem Sieg der Alliierten über Nazideutschland, gehört dieses Exemplar mit der Aura des historischen Moments und dem Zusatz «Année de la victoire» zu einem der meistgesuchten Weine überhaupt.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Hürlimann sammelt nicht verbissen Flaschen, sondern sieht seine Aktivität durchaus auch spielerisch. Das Sammeln macht ihm Spass, hält ihn auf Trab und beschert ihm immer wieder interessante Reisen und unerwartete Begegnungen. Im Laufe der Jahre hat er alle klassierten Bordeaux-Schlösser besucht. Für seinen «Grange» von Penfolds machte Hürlimann vor einigen Jahren zudem vom sogenannten «Recorking»-Service Gebrauch, das im Hotel Storchen in Zürich stattfand. Hürlimann transportierte 60 Flaschen des Spitzenweins an die noble Adresse, liess diese vom damaligen Penfolds-Chef-Önologen Peter Gago vor Ort vorsichtig öffnen, verkosten und, sofern der Inhalt einwandfrei war, neu befüllen, verkorken und versiegeln. So wurden die edlen Tropfen für die nächsten 20 Jahre fit gemacht.
Grosszügig wie Christoph Hürlimann ist, findet er den grössten Gefallen aber eindeutig darin, seinen feinen Wein in guter Gesellschaft zu teilen und dabei ein feines Essen zu geniessen, im «Sternen» in Walchwil oder bei sich zu Hause in Zug. Als ein Freund von ihm vor ein paar Jahren den 90. Geburtstag feierte, stieg Hürlimann in den Keller und kam mit einer Flasche «Château d’Yquem» Jahrgang 1929, dem Geburtsjahr des Jubilars, zurück. Noch heute schwärmt Hürlimann vom gelungenen Herrenabend, vom «Abgang ohne Ende», den ihnen der Sauternes bescherte, und berichtet von Gläsern, die noch Stunden, nachdem sie ausgetrunken waren, einen Duft ausströmten, als hätte man sie eben erst gefüllt. Das Motto «geteilte Freude ist doppelte Freude» pflegt Hürlimann auch, wenn er Flaschen als Leihgaben an weinaffine Gastronomen aushändigt, die sie dann bei sich im Restaurant ausstellen, um ihre Gäste damit zu beeindrucken. Die Namen der Gastrobetriebe, die sich dann mit fremden, sprich Hürlimanns Federn schmücken, werden an der Stelle selbstverständlich nicht genannt. So viel Diskretion muss sein.
Historisch bedingt ist die Leidenschaft für guten Wein beim Zuger Ueli Straub. Der Unternehmer und Kurzzeitstadtrat sieht dies nicht als Entschuldigung, sondern viel mehr als Erklärung dafür, warum er sich seit Jahrzehnten für Weinkultur begeistert. Straub ist, wie er sagt, durch seine Vorfahren «erblich vorbelastet». Diese schrieben im Kanton als visionäre Industrielle nämlich nicht nur Geschichte, sondern hatten auch ein Flair fürs Savoir-vivre. Grossvater Oskar Straub, Mitbegründer und langjähriger Direktor der Verzinkerei Zug, liess den Wein um 1900 in grossen Holzfässern mit der Bahn aus dem Burgund und dem Bordeaux nach Zug transportieren, um damit Verwandtschaft und Geschäftspartner bei geselligen Abenden in der noblen Villa zu beglücken. Grossvater Karl Heinrich Gyr wiederum – Mitbegründer und Patron der Landis & Gyr – reiste in den 1920er Jahren direkt zu den Winzern nach Frankreich, besorgte dort die von ihm bevorzugten Tropfen und schenkte sie an seiner schönen Tafel aus. Logisch, hat diese Passion beim Enkel Spuren hinterlassen.
Straub sieht sich nicht als klassischer Sammler, sondern eher als «freudvoller, am Kulturgut interessierter Geniesser». Sein mehrere Hundert Flaschen umfassender Keller darf sich dennoch sehen lassen. Er befindet sich direkt unter seinem Wohnhaus – einem umgebauten, denkmalgeschützten Stall – im idyllischen Zuger Gimenen-Quartier. Betritt man das Lager, dringt ein betörender Duft nach Weinreben, Alkohol und Fass in die Nase. «Es kellert», kommentiert Straub, stellt den Lichtschalter ein und entschuldigt sich für die engen Platzverhältnisse. Sie sind nicht einem fehlenden Ordnungssinn geschuldet, sondern dem Umstand, dass hier nebst privatem Wein auch unzählige Kartonschachteln mit Flaschen versorgt sind, die früher oder später in den Verkauf gelangen. Hierbei handelt es sich um waschechten Zuger Blauburgunder: das Endprodukt jener Rebsorten, welche Straub mit Gattin Renata auf dem eigenen Rebberg seit 2008 selber anbaut.
Gerade weil der Keller nicht der Systematik eines professionellen Kellers entspricht, hat er etwas Verheissungsvolles, wenn nicht gar Mystisches. Hinzu kommt, dass einige Flaschen mit bemerkenswerten Staubschichten überzogen sind und Etiketten vorweisen, die reichlich Patina angesetzt haben oder gar am Zerfallen sind. Wie dieser Bordeaux «Château Durfort-Vivens» der Appellation Margaux mit Jahrgang 1937 und der Burgunder der Appellation «Savigny-lès-Beaune» mit Jahrgang 1959, die Straub aus der hintersten Ecke eines Holzregals zieht und unter die spärliche Lichtquelle hält. «Trinkbar sind diese beiden Flaschen mit Sicherheit nicht mehr», stellt er fest. «Aber es sind Erbstücke, die ich nicht wegschütten kann.» Gleich daneben befindet sich eine Flasche aus dem 19. Jahrhundert, die ebenfalls von seinen Urahnen stammt und deren Inhalt düster, wenn nicht gar schwarz durchschimmert. Die genaue Jahreszahl des Tropfens kann beim besten Willen nicht entziffert werden, aber ein kleiner, kaum mehr haftender Papierfetzen mit den drei Buchstaben «Laf…» lässt keinen Zweifel, dass es sich um ein Exemplar des legendären «Château Lafite Rothschild» handelt. Verwundert stellt man fest, dass der Füllstand dieser musealen Flasche deutlich tiefer liegt, als bei den anderen Flaschen, grad so, als hätte sich jemand heimlich an der Flasche verköstigt und diese nach dem Genuss wieder diskret mit dem alten Zapfen verschlossen. Aber nein doch. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Schwund, den Flüssigkeitsverlust, der bei Flaschen oder Fässern spätestens nach 20 Jahren durch Verdunstung einsetzt.
Im Gespräch mit Ueli Straub zeigt sich schnell, dass er sich sein Hobby zwar etwas kosten lässt, er sein «Kellergold» aber keineswegs als gewinnbringende alternative Kapital- oder Wertanlage betrachtet. Dafür, meint er mit entwaffnender Offenheit, sei der Verbrauch zu hoch. Im Zentrum stehen stattdessen Emotionen und Erlebnisse, die er mit den Weinen verbindet. Eine fixe Schmerzgrenze, was den Preis pro Flasche angeht, kennt Straub nicht, doch ab 80 Franken überlegt er sich gut, ob und wenn ja wie viel er kaufen will. Straub bleibt vor einer Vielzahl dekorativer Holzkisten stehen und kommt abermals auf seine Familie zu sprechen, diesmal aber nicht auf seine Vorfahren, sondern auf den eigenen Nachwuchs. «Zur Geburt unserer drei Kinder Georg, Rahel und Caroline haben meine Frau und ich den Weinkeller mit gutem Bordeaux bestückt, Flaschen, welche die Jahrgänge der Kinder – 1998, 2001 und 2003 – tragen.» So wurde eine Art Grundstock gelegt, welcher die Beschenkten allenfalls motivieren könnte, die Familientradition dereinst weiterzuführen. Ob die Strategie tatsächlich aufgehen wird, kann Straub noch nicht sagen. Zumindest Sohn Georg sei dem rubinroten «Château Chasse-Spleen» aus dem Médoc nicht abgeneigt. Bei den Töchtern halte sich die Begeisterung noch in Grenzen. «Aber das ist nur eine Frage der Zeit», gibt sich Straub optimistisch.
Eile ist ohnehin nicht geboten. Denn bei den Bordeaux-Weinen, die im straub’schen Weinkeller liegen, handelt es sich allesamt um klassifizierte Weine, die als Exemplare der Gruppierungen Premiers, Deuxièmes, Troisièmes, Quatrièmes oder Cinquièmes Crus einen hervorragenden Ruf geniessen und durchaus noch ein Weilchen ruhen können, ohne an Qualität einzubüssen. Die Klassifizierung, erzählt Straub, gehe auf Napoleon den Dritten zurück, der die Rangordnung 1855 anlässlich der Weltausstellung in Paris aufstellte, um damit Klarheit bezüglich Preis und Qualität für den Konsumenten zu schaffen. Die bald 170 Jahre alte Einstufung findet in der Branche bis heute Beachtung, und wer etwas auf sich hält, kann sich damit brüsten, die 61 Weingüter samt Appellation auswendig aufzuzählen. Straub gehört definitiv nicht dazu und strebt derlei Wissen auch nicht an. «Da steckt vor allem Marketing dahinter», ist er überzeugt. «Mir reicht es, wenn ich weiss, was mir selber schmeckt, und ich Gewissheit habe, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.»
Einfach prominente oder angesagte Weine zu kaufen, um sich «wichtig zu fühlen», kommt für Ueli Straub nicht in Frage. Viel reizvoller findet er es, für 30, 40 oder 50 Franken einen Top-Wein zu entdecken, mit dem er seine Gäste überraschen oder der als Alltagswein getrunken werden kann, egal, ob das ein behäbiger Franzose, ein leichter Italiener, ein raffinierter Spanier, ein pfiffiger Südtiroler oder gar ein fruchtiger Riesling Sylvaner von Andreas Meier ist, der im aargauischen Würenlingen eines der ältesten Weingüter der Schweiz betreibt. Begehrte Bordeaux kauft Straub gerne in der Subskription, bestellt und bezahlt also eine bestimmte Anzahl Flaschen bereits beim Lieferanten, wenn das kostbare Gut noch im Fass reift. Der Vorteil: Als Käufer profitiert man von attraktiven Preisen und Rabatten und hat seine Flaschen «auf sicher». «Bordeaux ist ein Weltmarkt», betont Ueli Straub. «Amerikaner, Japaner und Chinesen kaufen drei Viertel der Ernte auf. Da müssen wir Europäer uns beeilen, wenn wir nicht leer ausgehen wollen.» Auf dem Radar hat er durch die Subskription junge, kaum gereifte Weine. «Altern können sie in meinem Keller.»
Mit seinen Lieferanten des Vertrauens – einem Josef Pargfrieder, Gabriel Galliker, Walter Weber oder Albert Reichmuth – pflegt Straub langjährige Beziehungen und gelangt so immer wieder an Spezialitäten, nach denen man im Supermarkt vergebens sucht. Wie diese «Special Edition» eines körperreichen und vielschichtigen «Châteauneuf du Pape» mit dem Spitzenjahrgang 2013. Die Cuvée aus Grenache und Syrah bewege sich mit einem Alkoholgehalt von 14 Prozent zwar an der oberen Grenze, schmecke aber hervorragend zu einem Kalbsteak, Roastbeef oder Wildgericht. Wohlwissend, dass er für eine Magnumflasche aus dem bekannten Weingebiet des südlichen Rhônetals etwas tiefer ins Portemonnaie wird greifen müssen, bestellte Straub bei Händler Reichmuth zuerst nur eine einzige Flasche, um sie im Freundeskreis zu verkosten. Weitere zehn Magnumflaschen orderte er erst, als sicher war, dass der Tropfen hält, was er versprach.
Immer wieder gerne greift Straub auch zum «Château Sociando Mallet» aus dem Médoc, einer gelungenen Mischung von Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Oder zu charaktervollen Tempranillo-Weinen aus dem spanischen «Ribera del Duero». Und vergessen wir nicht die Spitzenweine aus dem spanischen Anbaugebiet Bierzo, das in der Szene lange als Geheimtipp galt, deren dort angebaute Mencia-Traube inzwischen aber zu den hochwertigsten Rebsorten der iberischen Halbinsel zählt. Abgerundet wird der straub’sche Keller schliesslich von einer Auswahl qualitativ hochstehender Schaumweine, wobei spritzige Champagner von kleineren Familienbetrieben genauso Platz haben wie edle Flaschen Cava, Franciacorta sowie Mousseux aus der Loire, dem Elsass und der Schweiz. Dürfte Ueli Straub eine kleine Empfehlung aussprechen, würde diese auf den «Brut Rosé» von Christian und Francisca Obrecht aus dem bündnerischen Jenins fallen – ein eleganter, lachsfarbener Schaumwein aus Pinot Noir und Pinot Meunier, der zwar wie in der Champagne nach traditionellem Verfahren in der Flasche vergoren wird, jedoch nur prickelnde 37 Franken kostet.
Die Erkenntnis, dass das Gute oft nah liegt, und man für ein Spitzenprodukt nicht zwingend tief in die Tasche greifen muss, ist eine Erfahrung, die auch Weinsammler Christoph Hürlimann schon öfters gemacht hat. Seine erste Flasche Mouton Rothschild, Jahrgang 1986, kaufte er im Alter von 32 Jahren. Nicht an einer Auktion, nicht über einen Händler und nicht über einen gut betuchten Privaten, der dafür eine unverschämte Summe verlangte. «Ich erstand sie für 75 Franken in der Zuger Filiale vom Denner», berichtet Hürlimann und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. «Der Kundschaft im Discounter war sie wohl zu teuer. Also holte ich mir das Schnäppchen.» Was der Tropfen wohl heute für einen Wert hat? «Ein Vielfaches», meint Hürlimann geheimnisvoll und überlässt es der Besucherin bzw. dem Leser, darüber zu spekulieren, was dies konkret bedeuten mag.