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Jahresbericht Verein für Arbeitsmarktmassnahmen

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2013

«AUFGEBEN KOMMT NICHT IN FRAGE»

 

Claire Capellini, 57, hat zwar viel Erfahrung in diversen Jobs. Trotzdem gestaltet sich die Jobsuche sehr schwierig.

 

Frau Capellini, Sie sind seit Juli 2011 beim RAV Zug gemeldet. Wie ist es dazu gekommen?
Ich arbeitete im Vollzeitpensum als Sachbearbeiterin in einem Buchverlag. Im Frühling 2011 zeichnete sich auf unschöne Art ab, dass ich meinen Job verlieren würde. Den wahren Grund der
Kündigung habe ich nie erfahren. Die Begründung war fadenscheinig. Einmal hiess es, meine Position werde aufgrund einer Umstrukturierung aufgelöst. Dann sagte man mir, dass die Schwester der Direktorin die Büroleitung übernehmen würde. Fakt ist: Nach fünfjährigem Engagement, bei welchem von mir viel Flexibilität erwartet wurde, waren meine Dienste nicht mehr erwünscht.


Statt sich beim RAV zu melden, hätten Sie sich auch auf eigene Faust auf Stellensuche begeben können. War das für Sie keine Option?
Zwar bin ich ein äusserst optimistischer Mensch und vertrete die Ansicht, dass, wer arbeiten will, auch Arbeit findet. Aber in meinem Alter, mit 57 Jahren, ist das leider nicht mehr so einfach. Schon über 40-Jährige kommen ja für gewisse Stellen bereits nicht mehr in Frage! Ein weiterer Punkt: Es gibt viele Frauen, die ähnlich gut qualifiziert sind wie ich. Wenn ich mich also auf eine Stelle bewerbe, gibt es entsprechend viele Konkurrentinnen, gegen die ich mich durchsetzen muss.


Welche Ausbildung haben Sie?
Ich habe eine Lehre als technische Zeichnerin gemacht und einige Jahre auf diesem Beruf gearbeitet. Danach machte ich eine Zweitausbildung als ärztlich diplomierte Masseurin. In diesem interessanten Beruf arbeitete ich rund dreissig Jahre. Wegen chronischer Handgelenkschmerzen war ich mit der Zeit leider nicht mehr in der Lage, ganztags zu massieren. Als mittlerweile geschiedene und alleinerziehende Mutter war ich aber auf eine Vollzeitanstellung angewiesen. Um mich finanziell über Wasser zu halten, nahm ich darum mehrere Nebenjobs an und arbeitete als Zeitungsverträgerin und Taxifahrerin. Es gab Zeiten, da erledigte ich fünf Jobs gleichzeitig, um über die Runden zu kommen. Der Stundenlohn war jeweils nicht hoch, aber ich hatte keine Wahl.

 

Wie erleben Sie die Beratung durch das RAV Zug?
Als sehr gut. Gleich zu Beginn fragte mich mein RAV-Berater, ob ich grundsätzlich Interesse hätte, während dreier Monate ein Pensum innerhalb des Postdienstes und des Reprozentrums der Stadtkanzlei Zug zu übernehmen. Dort suchte man dringend eine Allrounderin. Ich sagte natürlich sofort zu, denn ich wollte ja arbeiten! Einfach nur rumsitzen, Bewerbungen schreiben und Arbeitslosengeld kassieren, das behagt mir überhaupt nicht. 

 

Wie sieht Ihre gegenwärtige Situation aus?
Ich habe eine 50%-Anstellung bei der Stadt Zug, die bis Ende Oktober 2013 befristet ist. Ergänzend dazu mache ich im 30%-Pensum Kurierfahrten für eine Firma und bin gelegentlich als Prüfungs-Aufsicht im Kaufmännischen Bildungszentrum Zug tätig. Durch diese Tätigkeiten bin ich beschäftigt und erziele einen Zwischenverdienst, den meine Arbeitgeber monatlich an die Arbeitslosenkasse Zug deklarieren müssen. Gleichzeitig verlängert sich durch meine Arbeitseinsätze meine Rahmenfrist, während der ich Taggeld beziehen kann. Einen Teil des Zwischenverdienstes darf ich behalten, so dass ich Ende Monat mehr Geld zur Verfügung habe, als wenn ich nur das Arbeitslosengeld ausbezahlt erhielte.


Wie kommen Sie emotional mit Ihrer Situation klar?
Ohne die moralische Unterstützung meines Partners würde es mir viel schlechter gehen. Auch um meinen kompetenten RAV-Berater bin ich froh. Ich will in jedem Fall konstruktiv mitwirken, damit ich möglichst schnell wieder eine Festanstellung finde. Beim RAV bleibe ich angemeldet, bis ich mein Ziel erreicht habe: eine unbefristete Anstellung. Bis es so weit ist, schreibe ich weiterhin fleissig Bewerbungen und halte Augen und Ohren offen. Mein sehnlichster Wunsch ist es, eine Arbeit als Dienstleisterin oder Allrounderin zu finden, die zu mir passt. Grundsätzlich bin ich unkompliziert und anpassungsfähig.