PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2020

STRUKTUR UND FREIRAUM

 

Sabine Sauter, 58, präsidiert seit zwei Jahren die Kommission des Zuger Neujahrsblatts (ZNB): engagiert, unvoreingenommen und mit viel Freude an der Ideenfindung und Themensetzung.

 

Wie lange wird es das Zuger Neujahrsblatt noch in gedruckter Form geben?

Noch lange. Das ZNB ist ein klassisches Printprodukt. Hätte man es digitalisieren wollen, wäre dies schon lange passiert. Ich selbst mag Gedrucktes und lese Bücher nach wie vor in Papierform; es sei denn, ich bin auf Reisen. Da packe ich den E-Reader ein. Zeitung allerdings lese ich als E-Paper, nur schon, um Altpapier zu reduzieren.

 

Was hat Sie bewogen, vor zehn Jahren in der ZNB-Kommission einzusteigen?

Ich war damals Mitglied der kantonalen Kulturkommission und politisierte für die FDP im GGR. Ich nehme an, dass man so auf mich aufmerksam geworden ist. Das ZNB kannte ich natürlich und war begeistert. Darum sagte ich sofort zu, als mich die damalige Präsidentin der ZNB-Kommission, Irène Castell-Bachmann, anfragte, im Gremium mitzuarbeiten. Dazu muss ich betonen: Ich bin nicht der Typ, der Ämter sammelt oder sich in Vorstände wählen lässt, um einfach „dabei“ zu sein. Wenn ich irgendwo mitmache, will ich prägend wirken, etwas bewegen und meine Kompetenzen einbringen.

 

Sie haben eine kaufmännische Ausbildung und Berufserfahrung im Bankenwesen.

Richtig. Ich kenne mich aus mit Zahlen, was für die Vereinsarbeit schon mal nicht schlecht ist. Ich funktioniere aber alles andere als technokratisch und bin kein Kontrollfreak.

 

Sondern?

Ich würde mich als empathischen, offenen und herzlichen Menschen beschreiben, der sich gerne auf andere einlässt. Als Präsidentin der Kommission – den Vorsitz habe ich seit zwei Jahren – bringe ich zunächst einmal Struktur in die Kommissionsarbeit und bereite so den Boden für gutes Brainstorming und konstruktives Debattieren. In der Anfangsphase der Themenfindung halte ich mich bewusst zurück und überlasse meinen sechs Kolleginnen und Kollegen das Wort. Denn ich bin überzeugt und habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass im gedanklichen Freiraum die besten Ideen gedeihen. Nähern wir uns dann der Definition des Schwerpunkt-Themas, bringe ich mich deutlich stärker ein. Da kann ich durchaus leidenschaftlich meine Meinung vertreten und auch mal dominant sein.

 

Das ZNB erfreut sich bis heute einer exklusiven, anspruchsvollen Leserschaft. Steht dies nicht ein wenig im Widerspruch zum Charakter der GZZ, die durch ihre Institutionen äusserst populär und breit in der Bevölkerung verankert ist?

Danke für diese Frage. Da nehme ich gerne Stellung. Eine breitere Leserschaft haben wir gewonnen, indem seit letztem Jahr alle 1000 GGZ-Mitglieder automatisch in den Genuss des Magazins kommen. Auf diese Weise wird nun das kulturelle und publizistische Engagement der GGZ verstärkt wahrgenommen. Viele GGZ-Mitglieder kannten das ZNB vorher gar nicht oder waren sich nicht bewusst, dass es von der GGZ herausgegeben wird. Durch die Erweiterung des Abonnentenkreises konnte dieses Defizit behoben werden. Mehr noch: Unsere Leserschaft hat sich auf einen Schlag vervielfacht, und die Resonanz auf diese in jeder Hinsicht hochwertige Publikation ist grösser.

 

Beeindruckend war auch der Aufmarsch an der letzten Vernissage, die Mitte November 2019 im Burgbachsaal stattfand.

Allerdings! Es kamen rund 220 Gäste. Das sind fast doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. Die Stimmung am Abend war wunderbar. Man spürte einen Aufbruch. Ausnehmend positiv waren auch die Reaktionen, die ich spontan auf der Strasse von Leuten erhalten habe. Was ebenfalls bemerkenswert ist: Es gibt nicht wenige Mitglieder, die bezahlen – weil sie neu in den Genuss des ZNB kommen und dies so schätzen – bewusst mehr als den Mitgliederbeitrag von 20 Franken ein. Diese Geste macht Freude und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

 

Klar ist aber auch: Der Leserkreis des doch aufwendig produzierten Jahrbuches wird, selbst wenn man die Ver- käufe im Buchhandel mitzählt, überschaubar bleiben.

Das stimmt, und das liegt primär in der Natur dieser Art von Publikation. Die GGZ steht aber voll und ganz hinter dem Produkt und will damit einen wichtigen kulturellen Beitrag für den Kanton Zug leisten. Sie will sich sogar noch klarer über das ZNB positionieren. Das heisst, wenn das Thema definiert wird – zum Beispiel „Bewegung“ oder „Bildung“ –, dann sollen beim redaktionellen Inhalt auch die GGZ-Betriebe eine Rolle spielen dürfen. Damit meine ich jetzt nicht, dass auf Teufel komm raus die Institutionen und deren Mitarbeiter porträtiert werden. Das wäre zu plump und journalistisch zu brav. Aber sie sollen durchaus auf die eine oder andere Art in eine Story oder eine Recherche einfliessen, sodass die GGZ noch stärker als Herausgeberin des ZNB wahrnehmbar wird.

 

Im Geiste der Aufklärung von Karl Kaspar Kolin 1786 gegründet, war das ZNB ursprünglich der patriotischen Geschichtsschreibung für die Jugend verpflichtet. Welchen publizistischen Ansatz verfolgt das Heft heute?

Die Kommission fühlt sich noch immer der Tradition verpflichtet, verschliesst sich aber keinesfalls dem Zeitgeist. Das entspricht auch dem Credo von Chefredaktor Dieter Müller. Das ZNB hat sich in seinem über 200-jährigen Bestehen inhaltlich und optisch verändert und wird sich weiterentwickeln. Historische und wissenschaftliche Beiträge, hintergründige Recherchen und kluge Analysen haben nach wie vor ihren Platz. Doch die Beiträge müssen auf intelligente Weise auch unterhalten und sollen Emotionen freispielen. So holen wir unsere Leserschaft aus dem Hier und Jetzt am besten ab.