PUBLIKATION

Präsentation Investorenwettbewerb

ZUSAMMENARBEIT

Kobal Grafik (Gestaltung)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

21.6.2019

SüDFLüGEL - EIN AREAL KOMMT ZUM FLIEGEN

 

Das Architekturbüro Albi Nussbaumer in Zug hat sich mit dem Projekt «Südflügel» am Investorenwettbewerb des Kantons Zug für die Bebauung des Areals des alten Kantonsspitals beteiligt. Ich verfasste die Texte für den Wettbewerbsbeitrag.

 

Ein Areal kommt zum Fliegen


Das Areal des alten Kantonsspitals trägt eine über 150-jährige Geschichte und war als Ort der medizinischen Versorgung für die Zuger von immenser Bedeutung. Unzählige Babys erblickten hier das Licht der Welt, Patienten wurden operativ aus Notsituationen gerettet, von Leiden erlöst. Familien und Freunde verbrachten Stunden an den Betten ihrer Angehörigen, leisteten Gesellschaft und spendeten Trost. Manche Menschen verbinden den idyllischen Ort am See aber auch mit Trauer, Schmerz und Abschied. Für das hochqualifizierte Pflegepersonal und die renommierte Ärzteschaft war es ein Ort des Schaffens und Wirkens, ein Platz der Berufung. Neuste medizinische Errungenschaften kamen zum Einsatz. Engagement, Wissen, Innovation und gutes Gespür waren gefragt, um den medizinischen Alltag zu meistern. Diese Attribute sollen auch in Zukunft auf dem Areal weiterleben und es in diesem Sinn und Geiste determinieren. Ein Konglomerat aus Hotellerie und Gastronomie, Forschung und Bildung, Gewerbe und Kunst sorgt dafür, dass das Areal punkto Wohnen und Arbeiten immer wieder frisch buchstabiert wird, sich neuen Trends und Entwicklungen anpasst und selbstbewusst eine Vorreiterrolle für gesellschaftspolitische Veränderungen einnimmt. Das Areal ist der Innovation und dem interkulturellen Austausch verpflichtet und wird zum vitalen Begegnungsort für alle Gesellschaftsschichten. Klare Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass das Spitalareal selbst zum Organismus wird; das heisst, zu einem Lebewesen, im Charakter wandel- und immer auch ein wenig unberechenbar.


Beim Projekt «Südflügel» wird nicht nur der als architektonisch besonders wertvoll eingestufte und denkmalgeschützte einstige Betten-Trakt des Büros Keiser & Bracher in die Zukunft überführt. Auch die Bauten entlang der Artherstrasse von Hanns A. Brütsch, das Bürgerspital sowie die prägnante Ärztekantine bleiben erhalten. All diese Häuser verfügen über Charme und Patina, sind beseelt und haben das Potenzial, sich in Ergänzung zu den Neubauten im hinteren Teil neu zu inszenieren. Sie sind keine Altlast, die wir loswerden wollen, sondern ein Geschenk, mit dem wir etwas anfangen können. Lassen wir uns vom finanziellen Wert dieses 2,6 Hektaren grossen Areals nicht einschüchtern, sondern anspornen, ein unkonventionelles Projekt zum Fliegen zu bringen, das über unseren Kanton hinausstrahlt und die Zuger Bevölkerung bereichert – nicht nur in kommerzieller, sondern mindestens so sehr in metaphorischer und ideeller Hinsicht. Die Zeit dafür ist reif.

 

Ein Traum wird wahr


Das Spitalareal am Zugersee hat aufgrund seiner Lage, vor allem aber auch wegen seiner Vergangenheit für die Zuger Bevölkerung einen hohen emotionalen Wert. Hier wurde geboren und gestorben, gelitten und genesen. Diese imposante Entwicklung der ehemaligen Kranken-und Pfrundanstalt zum späteren Bürgerspital bis hin zum hochmodernen medizinischen Zentrum nehmen wir mit und schreiben wir weiter. So steht das Areal für weitere 99 Jahre im Zeichen des Wandels und stellt sich fortlaufend neuen gesellschaftlichen Entwicklungen und Bedürfnissen. Realisiert wird ein Areal mit Laborcharakter, in dem gelebt, gearbeitet, experimentiert, realisiert, produziert, reüssiert und – ja! – auch gescheitert werden darf; ein Ort, der sich unvoreingenommen neuen gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Fragestellungen widmet und darauf immer auch mit Veränderungen reagiert – seien sie konzeptioneller oder baulicher Natur. Die bestehenden Bauten aus den 1960-er Jahren (B und D2) werden sanft erneuert und wo nötig umgebaut. In den Obergeschossen werden kleinere bis mittlere Raumeinheiten gebildet, die von Personen oder Institutionen jeglicher Art zu erschwinglichen Preisen gemietet werden können. Um auch hier dem Credo der Metamorphose Nachachtung zu verschaffen, ist die Mietdauer auf maximal sechs Jahre beschränkt. Regelmässig präsentiert die Mieterschaft ihre Arbeit der Öffentlichkeit und steht so mit ihr in einem konstanten Dialog. Im Erdgeschoss der Bestandesbauten werden Kleinläden, Gewerbe- und Ausstellungsräume realisiert, die eine vielschichtige Kundschaft anlocken und auf diese Weise ebenso zur Belebung des Areals beitragen; tagsüber, aber auch abends.


Der in den 1970-er Jahren erbaute Operationstrakt wird zu Gunsten der Wohnbauten auf den Baufeldern C1, C2 und E abgebrochen. Hier entstehen gemäss gültigem Bebauungsplan neue, innovative Wohnbauten. Sie testen typologisch neue Wohnformen für unterschiedliche Altersschichten, Haushalts- und Familienkonstellationen. Im denkmalgeschützten Bau und im ehemaligen Bürgerspital (Baufeld D1) entsteht ein Dreisterne-Hotel mit Longstay Apartments. Im Erdgeschoss dieses Hotels wird ein Concierge-Service eingerichtet. Dieser dient als Anlauf- und Beratungsstelle für die gesamte Mieterschaft und unterstützt diese in strategischen, kommunikativen und organisatorischen Belangen. Zudem sorgt er für Vernetzung gegen innen und nach aussen.

 

Mut zur Metamorphose


Die ehemalige Ärztekantine mit der grosszügigen Fensterfront wird zu einem Gastronomiebereich umgebaut, der sowohl Hotelgästen wie der Allgemeinheit öffentlich zugänglich ist. Er mutiert zu einem ungezwungenen, zentralen Treffpunkt. So entsteht Richtung See eine Art Schaufenster, das Einblick gewährt, Transparenz schafft und die Neugierde von Passanten und Badegästen weckt. Damit sich das Areal immer wieder neu erfinden kann, steht es für Anlässe jeglicher Art wie Märkte, Festivals, Konzerte, Kongresse und Podien zur Verfügung. Grosskonzerne, KMU’s, Jungunternehmer aber auch Schulen und Vereine können sich vorübergehend auf dem Areal einmieten und dort ihre Seminare, Projekttage und Workshops durchführen. Temporäre Bauten und mobile Installationen auf der grossen, zum See hin offenen Wiese unterstreichen den Gedanken des Wandels und schaffen einen Mehrwert. Der Geländesprung zwischen Erdgeschoss, Grünflächen und Gartenterrasse wird überwunden. Allfällige Durchbrüche durch die Bestandesbauten dienen der Erschliessung. Aufenthaltsbereiche von Wohnen und Arbeiten rücken auf diese Weise zusammen, finden und verbinden sich. Zur Umsetzung der formulierten Nutzungsidee wird für die Trägerschaft eine Stiftung gegründet. Sie bezweckt die Sicherstellung der inhaltlichen und baulichen Weiterentwicklung des Areals während der nächsten 99 Jahre. Zudem ist sie für den Betrieb und den Unterhalt des Areals verantwortlich.


Im Stiftungsrat wirken mit
- Vertretung Investor
- Vertretung Hotel- und Gastronomiebetrieb
- Vertretung der neuen Wohnbauten
- Vertretung Nutzer
- Vertretung Arealleitung
- Vertretung Kanton Zug und Stadt Zug
- Soziologe / Kunstschaffender / Wissenschaftler


Ambiente lässt sich nicht per Knopfdruck generieren. Es entsteht durch Nutzung eher beiläufig. Nur so ist es authentisch. Zug verfügt über genügend keim- und überraschungsfreie Zonen. Das Areal des alten Kantonsspitals will mehr.


Mit dem beschriebenen Nutzungskonzept werden die Voraussetzungen geschaffen, damit dieser Ort zu einem dynamischen Dreh- und Angelpunkt wird, auf dem sich Geschichte und Gegenwart die Hand reichen, Zukunft und Zeitgeist Präsenz markieren; unter aktiver Mitwirkung einer heterogenen Mieterschaft und eines aufgeschlossenen Publikums, das hier landet wie weiland der Helikopter als Symbol der unvergesslichen Akutklinik. Südflügel – wir kommen!

 

Kurzporträt - diese Operation wagen wir

 

Als interdisziplinäres und eingespieltes Team können wir komplexe Projekte planen, umsetzen und zum Erfolg führen. Wir sind mit dem Raum Zug bestens vertraut, über die Kantons- und Landesgrenzen hinweg hervorragend vernetzt und hoch motiviert, auf diesem Spitalareal eine Operation in Angriff zu nehmen, die nebst Qualifikation, Erfahrung und Spirit auch Mut für das Neue und Unbekannte braucht. Wir wagen es.


Die Werk2 AG beschäftigt sich seit 2002 mit Themen des Bauens und hat sich dabei einer hohen Baukultur verschrieben. Sie investiert in eigene Bauprojekte und bietet ihr Wissen rund um Fragen des Bauens Dritten in Form von Beratungsmandaten an. Sie interessiert sich für innovative und zeitgemässe Projekte und ist in der Lage, diese durch sämtliche Entwicklungsstufen zu führen.


Die Hotel Beau Séjour Luzern AG ist im Bereich Hotellerie und Gastronomie tätig. Ihr Verständnis von moderner Gastfreundschaft und gutem Service ist geprägt vom respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitenden, Partnern und Gästen und von der Begeisterung für qualitativ hochwertige Gestaltung, Kunst und Design.


Die Köpfe hinter dem Projekt Südflügel


Albi Nussbaumer, Jg. 1964 (rechts im Bild)

eidg. dipl. Architekt ETH/BSA/SIA, Inhaber des Architekturbüros Albi Nussbaumer Architekten, Inhaber der Werk2 AG für Immobilienentwicklung, Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Erliberg AG, Vizepräsident der Stadtbildkommission Stadt Zug


Walter Willimann, Jg. 1969 (links im Bild)
Pächter und Mitinhaber der Hotel Beau Séjour Luzern AG, VR-Präsident der Service Station Consulting Services AG, Mitinhaber des Restaurants Tulipan in Einsiedeln, eidg. dipl. Hotelier und Restaurateur Hotelfachschule Luzern, gelernter Koch


Manuel Berger, Jg. 1984 (Bildmitte)
Pächter und Mitinhaber der Hotel Beau Séjour Luzern AG, Pächter und Mitinhaber des Restaurants Drei Könige Luzern, Mehrjährige Erfahrung als Hoteldirektor in Zermatt, eidg. dipl. Hotelier und Restaurateur, gelernter Koch