PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2019

KREATION, KOLLEGIALITäT UND HILFSBEREITSCHAFT

 

Sven Hoffmann ist seit zehn Jahren Stammgast in der Holzwerkstatt Loreto. Davon profitieren Bekannte, Freunde und Familie. Denn der Hobbyhandwerker ist äusserst produktiv.

 

Sie sind heute Morgen aus dem Bernbiet angereist, um in der Holzwerkstatt der Freizeitanlage Loreto tätig zu sein. Lohnt sich der lange Anfahrtsweg?
Auf jeden Fall. Mit dem Auto bin ich eine gute Stunde, mit dem Zug rund eineinhalb Stunden unterwegs. Ich fahre aber nicht immer aus dem Bernbiet an. Manchmal komme ich auch direkt nach der Arbeit von Zürich hierher. Dann mache ich in Zug einen Zwischenstopp, bleibe bis neun oder zehn Uhr abends in der Werkstatt und fahre bequem mit der SBB nach Hause.


Gibt es in der Region Bern keine Freizeitstätten, wo Sie Ihr Hobby pflegen könnten?
Doch, aber mir ist nichts Vergleichbares bekannt; eher kleinere Werkstätten, wo allenfalls ein paar Handmaschinen zur Verfügung stehen. Die Werkstatt im Loreto ist hervorragend ausgestattet und in der Schweiz wohl einzigartig. Neben einem sehr guten und modernen Maschinenpark sind hier auch Profis anwesend, die uns bei unseren Projekten anleiten und unterstützen. Hier leisten der Werkstattmeister und sein Stellvertreter mit ihrem Engagement wirklich eindrückliche Arbeit.


Das klingt fast nach einem einstudierten Werbespot.
Es ist eher meine langjährige Erfahrung mit vielen Projekten, die ich, auf mich allein gestellt, nie hätte realisieren können. Ich bin übrigens nicht der Werkstattbesucher mit dem längsten Anfahrtsweg. Es gibt eine Frau, die extra aus Basel anreist.


Wie haben Sie die Passion zum Holzhandwerk entdeckt?
Bereits als Jugendlicher habe ich gedrechselt. Das hat mich fasziniert. Da ich in einem kleinen Bauerndorf aufgewachsen bin, hatte ich schon als Kind den Zugang zum handwerklichen Arbeiten. Bei uns wurde vieles selber produziert, und Dinge, die kaputt gingen, haben die Leute selber von Hand geflickt: Schuhe, Zaumzeug für Kühe und Pferde, Melkmaschinen, Traktoren, Heuwender,
Autos, Klospülungen – eigentlich alles.


Sind Sie Stammkunde im Loreto?
Seit über zehn Jahren besitze ich ein Jahresabonnement für 260 Franken. Ich sehe das eher als einen symbolischen Beitrag, denn für ein Fitnessabonnement bezahlt man schnell einmal 1000 Franken.


Die Klientel hier ist sehr durchmischt.

Das ist ein weiterer Grund, warum ich mich hier so wohl fühle. Hier treffen sich Migranten, Arbeitslose, einfache Handwerker, Akademiker und Konzernchefs aus internationalen Firmen. Manchmal haben wir Abiturientinnen, die eine Projektarbeit machen, oder Pensionäre, die für ein Enkelkind etwas schreinern. Wo gibt es das sonst noch? Der eine fährt mit einem grossen Mercedes oder Bentley an, der andere kommt zu Fuss oder mit einem alten Fahrrad. Es spielt überhaupt keine Rolle. In unseren Arbeitskleidern sind wir einfach Kollegen, unabhängig von Beruf oder Status. Man hilft sich gegenseitig, alle sind per Du.


Und was produzieren Sie in der Werkstatt?
Im Moment sind es gerade einige Holzschalen. Als Freiwilliger in der Katastrophenhilfe organisiere ich zusammen mit einem Kollegen alle zwei Jahre eine Schweizerische Gesamtnotfallübung. Dabei kommen Einheiten der Polizei, Feuer- und Chemiewehr, dem Rettungsdienst, der REGA usw. zusammen. Für ihr Engagement an der Übung erhalten die teilnehmenden Einheiten statt eines Honorars ein Geschenk. Das sind eben diese Holzschalen. Die
Rohlinge aus Birnen- und Eschenholz mit einem Durchmesser von 40 bis 50 Zentimeter sind bereits parat. Jetzt muss ich sie nur noch drechseln und schleifen.


Sechzig Stück?
Ja, alle zwei Jahre, wenn die Notfallübung stattfindet, sind es rund sechzig Stück. Pro Schale benötige ich so 3 bis 4 Stunden, da kommen ein paar Samstage zusammen. Ich fange jeweils im Herbst an, um Ende Mai des folgenden Jahres fertig zu sein.


Protestiert Ihre Familie nicht, wenn Sie so viel Freizeit in der Werkstatt verbringen?
„Jain.“ Sie profitiert auch von meiner Arbeit. Einige Möbelstücke in unserer Wohnung wurden im Loreto gefertigt, darunter Tische, Betten und Kommoden. Ich muss aber schon schauen, dass ich allen Bedürfnissen gerecht werde, da ich bereits beruflich viel unterwegs bin. Die handwerkliche Arbeit ist aber ein guter Ausgleich zu meiner eher kopflastigen Arbeit an der Uni.

 

Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit sind für Sie von Berufs wegen wichtige Themen.

Welche Note geben Sie da der Holzwerkstatt Loreto?
Sehr gute Noten, das Loreto verfügt über sehr moderne und sichere Maschinen. Es gibt z. B. eine neue Absauganlage, welche die Staubbelastung deutlich reduziert. Weiter sind die Instruktionen vom Werkstattmeister klar und verständlich. Wenn man sich an diese Regeln hält und konzentriert bei der Sache ist, ist die Holzwerkstatt Loreto ein sicherer Ort. Meines Wissens ist noch nie ein schwerer Unfall passiert, obwohl wir alles Laien sind. Bei Unachtsamkeit kann es ein paar Kratzer geben, was auch schon bei mir vorgekommen ist. Aber insgesamt alles Bagatellen.


Was haben Sie sich als nächstes Projekt vorgenommen?
Was noch ansteht, ist eine Schrankkonstruktion aus Massivholz. Links und rechts von dem Doppelbett, das ich letztes Jahr gemacht habe, entsteht ein Kleiderschrank, der horizontal mit einem Hängeschrank über dem Bett verbunden wird. Dazu eventuell noch Bettschubladen. Das wird ein Projekt für die zweite Jahreshälfte, sobald die Holzschalen fertig sind. Verwenden werde ich Eschenholz, damit der Schrank zum Ehebett passt.