TEXT

Sabine Windlin

DATUM

24.5.2007

AB INS GRüNE

 

Am Nordende des Zugersees liegt die Lorzenebene. Sie gilt, da flach und fernab vom motorisierten Verkehr, als ein besonders kinderfreundliches Terrain und eignet sich bestens für eine Velotour.

 

Kurzweilig ist es allemal, mit Kindern zu radeln, allein schon der vielen Stopps wegen, die es aus Neugierde zu machen gibt. Wir starten am Fusse des Zugerbergs, auf Höhe des Stadtquartiers Löberen. Die beiden Teenager Tom und Nik auf ihren Mountainbikes, Jakob auf seinem Kinderrad und Lucy auf dem Sattel des Windschattenvelos, das ich hinter mir mitziehe. Es ist zehn Uhr morgens. Wir sind mit einem orangefarbenen Fähnchen ausgestattet und so von weitem sichtbar. Doch eben: Bereits 200 Meter nach dem Start machen wir halt, schauen uns die Tiere auf dem Bauernhof Rüschen an und kaufen frische Äpfel.

 

Sommerhafte Temperaturen, ein wolkenloser Himmel und ein leichter Wind schaffen optimale Bedingungen für diese Tagestour durch die Lorzenebene, die, da flach und fernab vom motorisierten Verkehr, als ein besonders kinderfreundliches Terrain gilt. Entlang der alten Baarerstrasse Richtung Inwil, vorbei an bunt blühenden Tulpenfeldern, überqueren wir bald den Arbach und entscheiden uns für einen Abstecher in die Höllgrotte. Die Tropfsteinhöhle inmitten des romantischen Lorzentobels ist eine echte Attraktion und lässt uns staunen: Kleine Seen, Stalagmiten und Stalaktiten - im Laufe der Jahrtausende von kalkhaltigen Quellen gebildet und Ende des 19. Jahrhunderts beim Abbau von Tuffsteinen entdeckt - reflektieren dank Kunstlicht in allerlei Farbnuancen. Erst als wir das unterirdische Zauberreich verlassen und wieder Richtung Baar rollen, realisieren wir, dass es schon Zeit fürs Picknick ist. An einem halbschattigen Plätzchen am Flussufer verpflegen wir uns ausgiebig. Steine ins Wasser werfend und Schmetterlingen hinterherjagend, die in wildem Zickzackkurs über die Wiese gaukeln, ruhen wir nicht wirklich aus. Es gibt so viel zu entdecken.


Zurück an der Hauptstrasse, die rechts nach Sihlbrugg führt, begeben wir uns auf den Lorzendamm. Hier ist einiges los. Immer wieder begegnen wir Familien, die uns punkto Ausrüstung übertrumpfen. Zehnjährige in atmungsaktiven Bike-Shorts mit elastischem Sitzpolster und komfortablen Flachnähten, dazu grellfarbige Oberteile mit verschliessbaren Rücken-Taschen. Wir dagegen tragen Jeans, T-Shirt und Turnschuhe und kommen dennoch nicht schlechter voran. Im Gegenteil: Immer wieder setzen wir, laut klingelnd, zum Überholen an und geben Gummi.
Schon über sieben Kilometer gefahren und kein bisschen müde. Mittlerweile sitze ich so sicher im Sattel, dass ich beinahe meine wertvolle Fracht hinter mir vergessen habe: Im Windschatten fährt ja noch Lucy mit, die zur vorbeiziehenden Landschaft fröhlich ein Lied singt.


Hunderte von Kirschbäumen in weisser Blütenpracht säumen den Weg sowie grossflächige Maisfelder, noch kurz gewachsen, aber in saftigem Grün. Violetter Sauerampfer und rosaroter Klee leuchten um die Wette mit gelbem Raps und Löwenzahn. Teilweise hat die Metamorphose zur Pusteblume schon stattgefunden, was zu einem weiteren Stopp animiert. Mal schauen, welcher Fallschirm am weitesten fliegt. Die Kälber auf der Weide, die laut Bäuerin bald zu Naturabeef verarbeitet werden sollen, nehmen glotzend Kenntnis von unserem Spiel, lassen sich aber nicht weiter beim Fressen stören. Wir zurren wieder die Helme fest und fahren weiter, das Nordufer des Zugersees in Sicht.

 

Den letzten Halt machen wir bei der idyllisch gelegenen Alternativbeiz «Podium 41», die direkt neben dem schicken Jachthafen liegt. Hier sind Arbeitslose, ehemalige Junkies und junge Mütter mit Kindern gleichermassen willkommen. Nach einer Partie Pingpong machen wir es uns an den Holztischen bequem und bestellen: ein kühles Bier für die Tourenchefin und ein grosses Eis für die Kinderschar. Die Portion Zucker kann nicht schaden. Schliesslich kommt jetzt der Endspurt dem Alpenquai entlang via Katastrophenbucht zum Zytturm. Die Zeiger des Zuger Wahrzeichens stehen exakt auf 16 Uhr, als wir vom Sattel steigen, und der Kilometerzähler stoppt bei Kilometer 13. «Das haben wir locker geschafft», kommentiert das junge Radteam, den Willen für eine weitere Tour deutlich ausdrückend.