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TEXT

Sabine Windlin

DATUM

9.9.2000

BEI GRüN SIEHT ZUG ROT

 

Einige Bürgerliche wollen verhindern, dass der linke Polizeidirektor Hanspeter Uster Landammann des Kantons Zug wird.

 

Georg Joseph Sidler (1782 -1861), Polizeikommandant und Tagsatzungsgesandter des Landes Zug, schrieb Geschichte: Weil er für die freie Niederlassung von Reformierten und Juden kämpfte, wurde er 1834 vom Klerus als Landammann verhindert.

 

Hanspeter Uster, 42, Polizeidirektor des Kantons Zug, schrieb auch Geschichte. Er zog 1990 als erster Vertreter der Sozialistisch-grünen Alternative SGA in die Zuger Exekutive. Am 21. Dezember stellt er sich nun turnusgemäss zur Wahl als Landammann, wie der Regierungspräsident in Zug heisst.


Möglich, dass es dem linken Uster gleich ergeht wie dem liberalen Sidler vor 166 Jahren - nicht wegen dem Klerus, sondern wegen lokaler Finanz- und Wirtschaftskreise, die keinen Landammann Uster wollen. Sprachrohr ist der prominente Zuger Wirtschaftsanwalt und CVP-Kantonsrat Leo Granziol. Er fragt sich, ob Uster nicht «die Ehre und den Ruf des Kantons Zug zutiefst in den Boden trampelt» und ob «ein solcher Mann je würdig ist, den Kanton als Lamdammann zu vertreten».

 

Die verbale Attacke trifft den Zuger Polizeidirektor nicht unvorbereitet und steht in engem Zusammenhang mit einer Aussage, die er Anfang August gegenüber einem «Bund»-Journalisten machte. «Es herrscht Goldgräberstimmung», anwortete Uster auf die Frage, wie es um den Finanzplatz Zug bestellt sei. Wirtschaftskreise fühlten sich provoziert. Damit, hiess es postwendend, habe Uster einmal mehr öffentlich die Steuer- und Finanzpolitik kritisiert und suggeriert, dass in Zug dubiose Firmen, Filz und schmutzige Geschäfte an der Tagesordnung seien. Christdemokrat Granziol hielt Uster neulich in einer Ratsdebatte vor, Zug mit dem Begriff «Goldgräberstimmung» «in den Wilden Westen gerückt zu haben». Zusammen mit anderen Bürgerlichen will er deshalb dafür sorgen, dass der erklärte Marxist Uster am 21. Dezember einen Denkzettel verpasst bekommt.

 

«Die Kampagne ist lächerlich», sagt der ehemalige FDP-Ständerat und Ex-Landammann Andreas Iten, der mit Uster selbst vier Jahre in der Regierung sass. Mit einer Nichtwahl Usters, sagt Iten, würde sich Zug «eine staatspolitische Blösse» geben, zumal Uster vom Volk zweimal in seinem Amt bestätigt worden sei und landesweit einen guten Ruf geniesse.


Tatsächlich ist die Zuger Politposse für Aussenstehende schwer nachvollziehbar, ist es doch Polizeidirektor Uster selber, der massgebend mithilft, der Steueroase ein sauberes Image zu verschaffen. Mit seinem Polizeiapparat geht Uster seit zehn Jahren entschlossen gegen Wirtschaftskriminelle vor und baute die Spezialabteilung für Wirtschaftsdelikte aus. Ein sauberer Finanzplatz Zug - so seine Strategie - liegt auch im Interesse der Firmen. Im Auftrag der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz initiierte Uster zudem das Nachdiplomstudium zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität.

 

Dass es nun just die im Kantonsparlament bestens vertretenen Wirtschaftsanwälte sind, die gegen Uster Stimmung machen, hängt mit dem neuen Steuergesetz zusammen, über das am 26. November abgestimmt wird. Usters Partei erzwang mit der SP das Referendum, weil die massive Reduktion der Kapitalgewinnsteuer vor allem Firmen nützt. Die SGA war es auch, die Anfang September die steuerliche Vorzugsbehandlung um Otto Beisheim zum Politikum machte. Dem Besitzer des Metro-Konzerns - bei dem CVP-Mann Granziol ein VR-Mandat hat - wurde von der Zuger Steuerbehörde zugesichert, seine Veranlagung aufs Jahr 2001 zu verschieben. Grund: Dann wird voraussichtlich das öffentliche Steuerregister abgeschafft.

 

Noch nimmt Regierungsrat Uster den Rummel um seine Person gelassen. «Bei einer Nichtwahl» sagt er, «gehe ich zumindest in die Geschichte ein, wie Georg Joseph Sidler selig.