COURAGIERT FüR DIE JUGEND
Der ZKF nimmt Jugendliche als Gesprächspartner ernst und engagiert sich für ein gewaltfreies Zusammenleben. Dabei sucht man den Kontakt zu Schule, Politik und Polizei.
Es waren Vorkommnisse aus ihrem eigenen Umfeld, die Marlène Iten Graf, 55, aus Unterägeri zum Handeln bewogen haben: Jugendliche, die sie persönlich kannte, wurden im Ausgang schikaniert, angepöbelt und teilweise sogar tätlich angegriffen. Mit Fäusten oder Beinen, ohne Grund, einfach so. Das war vor etwa vier Jahren, als ähnliche Vorkommnisse auch vermehrt in den Medien thematisiert wurden. „Es verging kein Tag, an dem man nicht von Jugendlichen las, die aus purer Langweile oder aus Frust auf andere losgingen“, erinnert sich Marlène Iten Graf, „in Zürich, Luzern, aber auch bei uns im Kanton Zug.“
Die gelernte Bildhauerin war in Sorge um ihre eigenen Söhne, damals 16 und 18 und den Austauschstudenten, der damals bei ihr wohnte. Auch sie gingen ab und zu in den Ausgang, trafen sich mit Freunden zu einer Party oder verabredeten sich für ein Konzert. Ein gutes Gefühl hatte Marlène Iten Graf nicht, wenn die Teenager abends unterwegs waren und wandte sich mit einem Brief an Regierungsrat Beat Villiger. Vom Vorsteher der kantonalen Sicherheitsdirektion wollte sie und zehn Mitunterzeichnerinnen wissen, ob man sich der Problematik bewusst war, und ob man bereit sei, etwas dagegen zu unternehmen. Die Antwort kam postwendend, in Form einer Einladung: die Mütter sollen an der Eröffnungskonferenz des soeben initiierten Projekts „Zug zeigt Zivilcourage – gemeinsam gegen Gewalt“ teilnehmen. Am 27. März 2009 sass Marlène Iten Graf gemeinsam mit Vertretern aus Schule, Politik, Erziehung und Sport an besagter Konferenz und lernte ZKF-Sekretärin Evi Christen kennen. Kurz darauf war die IG für eine gewaltfreie Jugend unter dem Dach des Frauenbunds geboren.
Seither gehört das Thema Jugend und Gewalt beim ZKF zu einem Schwerpunktthema. Im Herbst 2009 trat die IG erstmals öffentlich auf, war mit einem eigenen Stand an der Zuger Messe präsent und lancierte eine Umfrage, an der knapp 1000 Personen teilnahmen. Eltern und Jugendliche berichteten von persönlichen Gewalterlebnissen, suchten nach Gründen für die besorgniserregende Entwicklung und diskutierten, wie man am besten reagieren kann, wenn man selber in eine heikle Situation gerät oder eine solche beobachtet. Motiviert durch das grosse Echo der Umfrage, startete der ZKF 2010 mit Unterstützung der Frauengemeinschaften die viel beachtete Veranstaltungsreihe „Ausgrenzen, mobben, prügeln – Realität unsere Jugend?“. Acht von elf Gemeinden machten mit.
Eröffnet wurde der Anlass jeweils vom Zuger Polizeikommandanten Karl Walker, der erläuterte, wie strafrechtlich gegen Delinquenten vorgegangen wird, welche Strategie der Kanton Zug verfolgt und welche Verbesserungen seit Projektstart erreicht worden sind. Ein Fachmann der Opferberatung Triangel brachte die Sicht der Opfer ein und erläuterte, welche Spuren ein Gewaltdelikt physisch und psychisch hinterlässt. Jede Veranstaltung ging spezifisch auf die Situation der jeweiligen Gemeinde ein und liess die lokalen Vertreter aus Politik, Schule, Polizei, Sozial- und Jugendarbeit zu Wort kommen. Der Zuger Polizeikommandant forderte die Opfer von Gewaltdelikten auf, Anzeige zu erstatten. Nur so bestehe eine Chance, die Gewalttäter zur Rechenschaft zu ziehen. Vor einem zahlreich erschienen Publikum berichtete der Leiter des Zürcher Instituts für Konfliktmanagement, Allan Guggenbühl, schliesslich über seine Erfahrungen mit Jugendlichen, die direkt mit ihrer Tat konfrontiert würden.
Die Tatsache, dass die Veranstaltungsreihe präventiv wirkte und gemäss Sicherheitsdirektion dazu führte, dass in manchen Gemeinden die Jugendgewalt in dieser Zeitspanne deutlich abnahm, bestärkten den ZKF darin, auch nach Abschluss des Kantonalprojekts am Ball zu bleiben. So kam in der Folge der Workshop „Gewaltfreie Kommunikation“ nach Marshall B. Rosenberg mit der Zuger Organisationsberaterin Verena Gysin Felber zustande. ZKF-Frau Marlène Iten Graf, die weitere Veranstaltungen plant und dabei verschiedene Akteure zum Thema Jugendgewalt zu Wort kommen lassen will, bilanziert: „Ich bin überzeugt, dass wir noch mehr tun können für ein friedliches Miteinander, als wir gemeinhin glauben. Wir Eltern sind wir das wichtigste Vorbild für die Jugend.“