PUBLIKATION

das Magazin
 

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

16.6.2007

HAUSFRAU ODER FAMILIENFRAU?

 

Amt für Rollenspiele

 

Nun, da die Wahl des neuen FDP-Oberhaupts vorbei ist,  wird es Zeit, die Augen wieder vom männlichen Politpersonal abzuwenden und sich den wirklich wichtigen Dingen des Alltags zu widmen. Die Frage lautet nämlich nicht «Pelli oder Theiler?» Sondern «Hausfrau oder Familienfrau?»

 

Während erstere sich still und diskret aus dem Alltag verabschiedet hat, ist zweite stark im Trend. In TV-Talks und Radiosendungen tritt sie auf, die Familienfrau, in Manifesten und in Inseraten lacht sie uns entgegen: «Silvia Graber (33), Familienfrau, bestellt seit zwei Jahren bei Coop-Online», heisst es etwa schweizweit in einer Anzeige des Grossverteilers, und man darf annehmen, dass es sich bei der Kundin, die Apfelsaft und Streichkäse übers Internet einkauft, um eine Frau mit Kindern handelt; um eine Mutter also.

 

Aber eben, mit einer derart banalen, ja profanen Bezeichnung möchte heutzutage niemand mehr Vorlieb nehmen. Mutter – dieses Wort tönt nach Fürsorge und grossem Busen, weckt Erinnerungen an unsere eigene Mutter, die in der Küche stand und den Kartoffelgratin in den Ofen schob - Futtern wie bei Muttern. Familienfrau tönt interessanter, ambitionierter und gleichzeitig weiblicher, da die frau als Suffix fortbesteht und somit deklariert: Ich habe wohl eine Familie, lebe mein Frausein aber weiter. Mit anderen Worten: Ich mache gerne mal einen Kartoffelgratin, aber nachher geh ich noch ins Yoga. Auffallend viele Familienfrauen kandidieren auch für Gemeinde- und Kantonsparlamente und erwähnen auf den Podien nicht ohne Trotz, dass man kraft des Nachwuchses durchaus über Führungsqualitäten wie Organisationstalent usw. verfüge.

 

Da ist die Familienmanagerin, die ebenfalls arg am boomen ist, und den Begriff Mutter mit aller Gewalt aus der Welt schaffen will, nicht weit. Sie packt energische zu, sieht sich als treibende Kraft der Familien AG und ist zu mindestens siebzig Prozent erwerbstätig, wobei sie die Kinderbetreuung outsourct und ihr Management vorwiegend darin besteht, mit dem Mann abzusprechen, wer wann die Kinder aus der Krippe holt. Solche Frauen dürfen sich nicht wundern, wenn der liebe Kleine, der alsbald seine ersten Worte lallt, nicht nach dem Zweisilben-Klassiker Ma-Ma brüllt, sondern akzentfrei nach dem Chief Family Officer (CFO) verlangt.