PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2019

TüREN GEöFFNET UND VORURTEILE ABGEBAUT

 

Eugen Meienberg hat das Drogenforum und die Therapiestation Sennhütte während vieler Jahre finanziell beraten. Die ehrenamtliche Tätigkeit öffnete ihm die Augen für das Thema Sucht.

 

Sie arbeiten als Finanzverwalter bei einem Zweckverband für die Bewirtschaftung von Abfällen und waren zuvor viele Jahre für die Verpackungsbranche im Aussendienst. Wie kamen Sie zu Ihrem langjährigen Engagement im Bereich Sucht ?

Im Jahre 2000 sass ich noch für die CVP Steinhausen im Zuger Kantonsrat. Da fragte uns eine Vertreterin des Drogenforums Zug, ob jemand von uns Parlamentariern Zeit und Interesse hätte, in ihrem Vorstand mitzuwirken. Das war bei mir der Fall und ich sagte zu, weil es mir die Möglichkeit gab, mich für einmal in einem ganz neuen Themenbereich zu engagieren. Als Vorstandsmitglied des Drogenforums Zug wurde ich 2002 in den Vorstand des Vereins „Therapeutische Gemeinschaft Sennhütte“ delegiert: Die GGZ und das Drogenforum Zug waren die Trägerinnen der Institution Sennhütte.


Wie konnten Sie sich im Vorstand des Drogenforums einbringen, wenn Sie doch im Grunde genommen über das Thema Sucht kaum Bescheid wussten ?

Ich hatte eine Ahnung von Finanzen und war sehr gut vernetzt. Beides war für den Verein wertvoll. Es war das erklärte Ziel des Drogenforums, Kantonsräte im Vorstand zu haben, um breit abgestützt zu sein. Meine Aufgabe bestand vor allem darin, zu prüfen, dass Kanton, Gemeinden und Krankenkassen die Vergütungen für die Sennhütten-Klienten und-Klientinnen erstatteten. Diese Gelder mussten teilweise mit fachärztlicher und juristischer Unterstützung erkämpft werden. Auch die Leistungs- bzw. Subventionsvereinbarungen, welche die Sennhütte mit dem Kanton aushandelte, nahm ich als Finanzspezialist unter die Lupe. Ich studierte aber nicht nur Zahlen, sondern machte mich auch schlau zum Thema Drogensucht. Als Kantonsrat konnte ich da und dort eine Tür aufstossen, beispielsweise auch dann, wenn Firmen oder Stiftungen für finanzielle Hilfe angegangen werden mussten.


Die Sennhütte war immer mal wieder auf den Goodwill der Politik angewiesen. Leisteten Sie im Parlament auch Überzeugungsarbeit ?

Selbstverständlich. Primär wollte ich, dass Vorurteile abgebaut und die politischen Debatten auf der Grundlage von Fakten geführt wurden. Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. Ich erinnere mich noch, als 2006 der Kredit für den Anbau des Büropavillons der Sennhütte traktandiert war. Dieser Anbau war für die zukünftige Ausrichtung der Sennhütte von grosser Bedeutung, weil er erlaubte, die Administration vom Haupthaus in den Pavillon zu verlagern und somit mehr Therapieplätze im Wohnbereich anzubieten. In der vorbereitenden Kantonsratskommission wurde die Kreditvorlage in der Höhe von 215 000 Franken konstruktiv beraten und schliesslich im Rat mit 68 : 1 Stimmen gutgeheissen. Dieses Abstimmungsresultat konnte man durchaus als Vertrauensbekenntnis an die Sennhütte interpretieren. Es hing auch damit zusammen, dass die Sennhütte immer transparent war. Wenn sich jemand persönlich ein Bild von der Therapieeinrichtung machen wollte, war er dort willkommen.


Pflegten Sie den Kontakt zu den Klienten und Klientinnen?
Als Vorstandsmitglied war ich drei- bis viermal pro Jahr vor Ort, wenn bestimmte Themen mit der operativen Führung besprochen werden mussten. Und einmal pro Jahr wurden wir von den Klientinnen und Klienten bekocht und haben anschliessend gemeinsam gegessen. Dabei erfuhr man in den Gesprächen so einiges aus dem Leben dieser Leute. Noch gut erinnere ich mich, als eine Vertreterin der GGZ während des gemeinsamen Nachtessens von einem Klienten gefragt wurde, was sie denn beruflich mache. Als sie sagte, sie arbeite als Staatsanwältin, zuckten einige am Tisch zusammen und verstummten. Doch die Staatsanwältin brachte mit einer guten Idee das Gespräch wieder in Gang. Sie versprach, aus dem Verkehr gezogene bzw. herrenlose Mofas der Sennhütte zur Verfügung zu stellen. Das fanden die Leute natürlich super.


Hat sich Ihre Einstellung zu drogensüchtigen oder therapiewilligen Menschen durch Ihr Engagement verändert ?
Es hat mir gezeigt, dass hinter jeder Geschichte ein Schicksal steckt. Es ist teilweise dramatisch, was diese Menschen alles erlebt und mitgemacht haben. Ich führte zum Thema Drogenkonsum viele interessante Diskussionen mit meinen Söhnen, die damals gut 20 Jahre alt waren. Als Vater war mir klar, dass es mit einem autoritären „Lass die Finger von dem Zeugs“ nicht getan war, sondern dass man das Thema mit den Kindern am Familientisch differenziert diskutieren musste. Ich war immer froh, dass meine Kinder nie gefährdet waren.

 

Und Sie selber - haben als junger Mann nie mit Drogen experimentiert ?
Nein. Das hat mich nie interessiert. Ich habe als Jugendlicher oder junger Erwachsener nicht einmal Zigaretten geraucht. Die einzige Droge, die ich genossen habe und bis heute massvoll geniesse, ist die gesellschaftlich akzeptierte und legale Droge Alkohol.


Was sagen Sie zum bevorstehenden Umzug der Sennhütte vom Zugerberg in den Horbach ?
Ich befürworte diese Pläne sehr und bin begeistert, dass die GGZ bereit ist, das Therapieangebot sogar noch auszubauen. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Kanton Zug ab 2020 keine Unterstützung mehr leistet. Dies wäre sicher im Sinne der Zuger Bevölkerung. Denn wir alle können einfach nur dankbar sein, dass die GGZ bereit ist, die Sennhütte nun eigenständig weiterzuführen, und dafür sorgt, dass dieses wichtige Angebot in der Innerschweiz
Bestand hat.