PUBLIKATION

Migros Magazin

ZUSAMMENARBEIT

Heidi Ambiel (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

25.8.2007

SüSSSAURES AUS SERBIEN

 

Im Herzen Serbiens gedeihen Sauerkirschen, die mit Zugabe von Vanille, später zur Konfitüre der Migros-Sélection-Linie weiterverarbeitet werden.

 

Wie eine Wolldecke liegt die Hitze über Serbien und lässt die Sauerkirschen reifen. «Eine gute Ernte, eine sehr gute Ernte!», freut sich Tomislav Prodanovic und zupft am Ast eines Baumes, an dem die kleinen, prallen Früchte baumeln. Der gewichtige Bauer von 58 Jahren im weissen Unterhemd ist Besitzer der 1,5 Hektaren grossen Plantage in Blaznava im zentralserbischen Bezirk Sumadia, von welcher die Früchte für die Sélection-Konfitüre der Migros stammen.

 

Ende Juni ist der ideale Zeitpunkt für die Ernte. Dann haben die Kirschen ihr typisch süsslich-saures Aroma voll entfaltet. Per Bus sind über 40 Pflücker aus dem benachbarten Städtchen Topola zum Feld  gekommen. Mit grösster Sorgfalt lösen sie die Kirschen vom Baum und legen sie in kleine  Plastikkistchen. Eine Leiter ist fürs Pflücken nicht nötig, da die Bäumchen mit dem weit verzweigten Geäst nur gut zwei Meter hoch sind.

 

Oblacinska heisst die Sorte, die an den 2500 Bäumen von Bauer Prodanovic reifen. Zehn Millionen Sauerkirschbäume wachsen in Serbien, das sind 600 000 mehr Bäume als das Land Einwohner zählt. Bei der dreiwöchigen Ernte, die einem gesellschaftlichen Ereignis gleichkommt, helfen alle mit – vom Teenager bis zur Oma. So wird auf dem Feld nicht nur hart gearbeitet, sondern auch herzhaft gelacht und diskutiert. Lilja, die Ehefrau von Plantagenchef Tomislav, sitzt mit rotgefärbten Händen im Schatten und überwacht die Digitalwaage. «Wir kommen gut voran», lobt sie ihre Mitarbeiter und schreibt die gewogenen Kilomengen in ein Notizbuch. An einem guten Tag werden fast zwei Tonnen Kirschen gelesen, und dies zuweilen bei Temperaturen  von 41 Grad Celsius. In den letzten Monaten waren die Wetterbedingungen in Serbien für die Früchte ideal. «Nicht zu viel und nicht zu wenig Regen. Von Frost und Hagel blieb die Plantage verschont» erzählt Lilja und klatscht im Takt zur serbischen Volksmusik, die aus dem Autoradio dudelt.


Mit etwa sechs Millionen Hektar an landwirtschaftlicher Nutzfläche und einem der besten Mikroklima auf dem europäischen Kontinent trägt Serbien zu Recht die Bezeichnung vom «Früchtekorb Europas». Neben Äpfel, Birnen und Beeren verzeichnet auch die Produktion von qualitativ hochwertigem Steinobsts nennenswerte Exporterfolge. Davon profitieren  Konsumenten in Westeuropa, namentlich der Schweiz, wo sich die Sauerkirsche ihres delikaten Aromas wegen zunehmender Beliebtheit erfreut. Während auf Grossplantagen die Früchte häufig zu früh geerntet werden und pimär die normierte Grösse und das gute Aussehen im Vordergrund stehen, wartet Tomislav Prodanovic auf seinem verhältnismässig kleinen Familienbetrieb mit dem Ablesen, bis die Sauerkirschen ihren vollen Geschmack entfaltet haben.

 

Unmittelbar nach der Ernte kommen die Sauerkirschen ins nahe gelegene Kühlhaus. Denn die mehrstündige Reise in die Schweiz überstehen die Früchte nur gefroren. Dafür werden sie zuerst mit feinsten Wasserspritzdüsen gewaschen und anschliessend maschinell entsteint. Bereits ein kurzer Durchlauf im minus 30 Grad kalten Eistunnel reicht, und die Kirschen spicken Minuten später gefroren auf ein weiteres Band, wo sie ein allerletztes Mal von Hand inspiziert werden. Danach werden sie in isolierten Kartonkisten per Lastwagen in die Schweiz gefahren.

 

Ziel der Reise ist das luzernische Ballwil. Dort kommen die  Sauerkirschen in grosse Metallkessel, die 30 Kilo Früchte fassen. «Das genaue Rezept verrate ich natürlich nicht», sagt Katja Ottiger, 34 Jahre alt und Chefin der gleichnamigen Firma. Nur so viel: Ab Siedepunkt lässt sie die Früchte 17 Minuten kochen und fügt dann Vanillekonzentrat, Vanilleschoten und Zucker hinzu. Während normalerweise der Anteil Früchte und Zucker im Verhältnis eins zu eins steht, überwiegt bei der Sélection Sauerkirschen-Vanille-Konfitüre der Fruchtanteil. «Sie ist dadurch zwar weniger lange haltbar», erklärt Katja Ottiger, «schmeckt aber eindeutig besser.»