PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2016

EIN ZWEITES ZUHAUSE

 

Lukas Ehrlers Schulkarriere verlief recht unerfreulich, bis er ins Internat Horbach kam. Dort fand er strenge aber faire Betreuer und lernte viel fürs Leben.

 

Was verbindet Sie mit der GZZ?
Ich besuchte die dreijährige Realschule im Horbach. Nötig war dies, weil ich, sagen wir mal, ein Spezialfall war. Mit der Schule und den Lehrern hatte ich schon immer meine Probleme. Ich bin halt immer gegen den Strom geschwommen, habe „Lämpen“ gemacht, mich mit den Lehrern angelegt. Es fiel mir schwer, mich unterzuordnen. So wurde ich zum Aussenseiter, fühlte mich in dieser Rolle aber auch nicht wohl und benahm mich dann auch wieder daneben; ein Teufelskreis.

 

Waren Sie nie in einer Regelschule?
Doch, ich war für eine kurze Zeit in der normalen Oberstufe in Menzingen, aber das hat nicht funktioniert. Da schlug man mir vor, im Horbach zu schnuppern. Ich sagte zu, besuchte für eine Woche den Unterricht und wohnte intern auf einer Wohngruppe.

 

Wie war Ihr Eindruck?
Es hat mir sehr gut gefallen. Die Leute – sowohl Schüler wie Lehrer – waren sympathisch, offen und ehrlich. Auch die ganze Struktur und das Rahmenprogramm fand ich ganz in Ordnung. Aber ich hatte brutal Heimweh. Es war das erste Mal, dass weg von zu Hause war. Meine Eltern, meine vertraute Umgebung, haben mir sehr gefehlt.

 

Trotzdem haben Sie sich für den Horbach entschieden.
Ja, weil ich ein gutes Gefühl hatte und auch meine Eltern und der Rektor meinten, dass ich es probieren soll. Als Einzelkind fand ich es toll, plötzlich mit vielen Gleichaltrigen zusammen zu sein. Ausserdem: Als Schüler merkt man sofort, dass die Erwachsenen alle am gleichen Strick ziehen. Du kannst nicht im Schulzimmer einen „Scheiss“ bauen und dann denken, der Betreuer der Wohngruppe habe keine Ahnung davon. Die sind untereinander sehr gut vernetzt und wissen, wo sich was abspielt. Die sagen einem auch ganz klar: Hör zu, dies ist Dein Spielraum und hier sind die Grenzen. Wer sie ignoriert, trägt die Konsequenzen.

 

Und wer sich gut benimmt, wird belohnt?
Genau. Je vernünftiger Du Dich aufführst, desto mehr Freiheiten hast Du. Darum ist man dann motiviert, sich „gut“ aufzuführen. Im Extremfall kommt man in die „Stopp-Phase“. Da muss man dann zum Beispiel für eine Weile im Zimmer bleiben oder darf nicht mehr an den Gruppenaktivitäten teilnehmen. Das ist hart, macht aber Sinn. Wie gesagt: ich war schon an vielen Schulen, aber nur das System vom Horbach hat bei mir funktioniert und mich zur Vernunft gebracht. Im ersten Jahr war ich intern und litt immer wieder unter Heimweh. Jedoch lernte ich, damit umzugehen. Im zweiten Jahr konnte ich dann ins Tagesinternat wechseln und bei den Eltern wohnen.

 

Wurde der Horbach zu einer Art zweitem Zuhause?
Ja, das war definitiv so. Mit der Zeit schlief ich im Horbach sogar besser als zu Hause, so gut hatte ich mich eingelebt. Das ganze Ambiente ist ja auch einladend. Die Räume sind schön und gemütlich eingerichtet.

 

Wie lief es mit der Berufswahl?
Für mich war von Anfang an klar, dass ich Automechaniker werden wollte. Ich hatte schon als Kind Spass daran, alles auseinander zu nehmen und wieder zusammen zu bauen. Ich schraubte das Telefon auseinander und fügte alles wieder zusammen. Mich hat immer interessiert, wie Technik funktioniert. Eine Lehrstelle zu finden, war dann aber nicht einfach, obwohl mich die Lehrer darin unterstützt haben. Durch den Besuch einer Sonderschule ist man ein wenig abgestempelt.

 

Die Leute haben Vorurteile?
Ja, sie denken, mit einem Sonderschüler hat man bestimmt nur Ärger. Ich habe mich an unzähligen Orten beworben und nur Absagen erhalten. Zum Glück hatte ich einen privaten Kontakt zu einer Firma im Ägerital. Die kannten mich persönlich und meinten, ich solle mich bewerben. Als ich dann den Anruf erhielt, dass ich die Lehrstelle bekomme, fiel ich aus allen Wolken und war total happy. Jetzt bin ich im zweiten und letzten Jahr und mache im Juni 2016 meine Abschlussprüfung für das eidgenössische Berufsattest.

 

Wie geht es danach weiter?
Dann führe ich die Berufsbildung drei Jahre weiter, mit dem Ziel, anschliessend den Eidgenössischen Fähigkeitsausweis zu erhalten. Gerne würde ich danach für eine Weile ins Ausland; am liebsten nach Sibirien. Ich befasse mich intensiv mit der russischen Automobil- und Panzertechnik.

 

Haben Sie  noch Kontakt zum Horbach?
Ja, gerade letzte Woche war ich zu Besuch und traf mich mit meiner damaligen Bezugsperson. Sie hat mir ein paar wichtige Lebensweisheiten mit auf den Weg gegeben, z.B. diejenige, dass jeder Mensch im Leben seine Ziele erreichen kann, wenn er sich anstrengt und gewisse Regeln respektiert.

 

Lukas Ehrler, Jg. 1997, absolviert eine Ausbildung zum Automechaniker in der Ägeritalgarage in Unterägeri. Er wohnt in Menzingen.