PUBLIKATION

Hochbauamt Kanton Zug

ZUSAMMENARBEIT

Guido Baselgia (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.5.2014

STATEMENT AUS HOLZ

 

Herzstück des Zuger Stadtgartens bildet der Pavillon aus Holz. Die Konstruktion wirkt schlicht, erwies sich für die Architekten aber als Knacknuss.

 

Der Wunsch nach einer geschützten Aufenthaltsfläche im Zuger Stadtgarten war seitens der Bauherrschaft von Anfang an definiert. Während in der Wettbewerbsausschreibung relativ offen von einem „vielseitig nutzbaren überdachten Bereich“ die Rede war, zeichnete sich bei der Planung des Siegerprojekts schnell die Idee eines Pavillons ab.


Leicht erhöht, mit einem pilzartig, allseitig asymmetrisch auskragenden Dach, markiert er eine Art Herzstück des Stadtgartens und trägt nicht unwesentlich zur stimmungsvollen Atmosphäre des Orts bei. So schlicht das prägnante Konstrukt aus der Ferne wirken mag, so anspruchsvoll erwies sich allerdings dessen Machart. „An ihm haben wir uns die Zähne ausgebissen“, erinnert sich Architekt Raphael Schmid, der als Subplaner der Firma planetage mit der Realisierung des Holzpavillon beauftragt wurde. Die Komplexität der Lamellenstruktur zeigte sich erst im Laufe der Prozesses. Sie liess die kreativen Zürcher gelegentlich eine Nachtschicht schieben.


Die Konstruktion des Tragwerks, die Befestigung und Schichtung der ineinander greifenden Kanthölzer und der kontinuierliche Übergang vom Sockel zum Dach wurden anhand eines 3D-Plots simuliert, wodurch ein Negativvolumen sichtbar wurde. Erst als sämtliche Masse des Holzkörpers definiert waren und alle statischen Berechnungen vorlagen, wurde das Projekt einer Holzbaufirma zur Umsetzung übergeben. Diese speiste sämtliche Daten in eine Holzfräsmaschine, so dass anschliessend die geschrägten, auf den Millimeter genauen Stäbe zugeschnitten werden konnten. Raphael Schmid spricht von einem „iterativen Prozess“, also von der schrittweisen Annäherung des ursprünglichen Bauziels an die machbare Umsetzung, bei der – im konkreten Fall – die Geometrie der Hölzer die Konstruktion bedingte und umgekehrt. Man halte sich vor Augen: Jeder Holzstab weist eine eigene Geometrie auf!


Zur Kopfarbeit gesellte sich viel handwerkliches Geschick. Präzision und Sorgfalt waren nötig, damit sich die radial gefächerten Dachträger wie gewünscht entfalten konnten. Wer genau hinschaut, sieht auch, dass das Dach einen leichten Anzug nach oben vorweist. Wenn gleich minimal, war dieser Anstieg für die Architekten gestalterisch von grosser Bedeutung. „Wir wollten“, so Schmid, „keinen plumpen Deckel aufsetzen, sondern zielten auf eine wachsende, dem Sockel entspringende Krone ab, um so dem Standort des Pavillons, also dem Garten, gerecht zu werden.“  Schliesslich wachsen auch die Kronen von Bäumen organisch. Architekt Schmid rechnet nicht damit, dass sich das Kiefernholz farblich stark verändern wird, da alleine die Art und Weise der Konstruktion einen optimalen Holzschutz bietet. Weil das Kiefernholz vorher mit Essigsäure imprägniert wurde, wird es sich mit den Jahren allerdings leicht verhärten.


Der Pavillonsockel besteht aus einer bereits existierenden Betonkonstruktion, in welcher ein Technikraum mit der Lüftungsanlage, der Schacht und die Überfahrt des Personenlifts integriert sind. Er wurde nach oben um einen Betonkranz erweitert, wodurch das Dach eine optimale Höhe erreichte. Damit der Dachrand nicht zu wuchtig erschien, entschied man sich für eine Materialisierung aus Metall. Dieses sorgt nun für eine gewisse Leichtigkeit. Dass der Pavillon leicht erhöht und podestartig platziert ist, verleiht ihm zusätzlich Charakter und verstärkt seine Wirkung als Publikumsmagnet. Letzteres zeichnete sich bereits wenige Wochen nach der offiziellen Eröffnung des Gartens ab, als das aussergewöhnliche Bauwerk von vielen Passanten als Fotosujet entdeckt wurde. Auf einer Chaussierung mit Sandschicht laden frei stehende Stühle zum Verweilen ein. Sind diese bereits besetzt, darf man sich auch auf das Betonmäuerchen setzen, welches rechtwinklig um den Pavillon verläuft.


Bezüglich Gesamtgestaltung ergriff man die Flucht nach vorn: Statt das Gebäudevolumen der Tiefgarage durch Erdhügel topografisch zu verbergen, akzeptierte man die Präsenz des Bauwerks und entschied sich dafür, es teilweise freizulegen. Daraus ergab sich der Bedarf einer neuen Flügel-  bzw. Stützmauer. Auch ihre Frontseite ist mit Kiefernholz verkleidet und mit einer Struktur aus fein ziselierten, vertikalen Lamellen überformt, die einen direkten Bezug zum Pavillon schaffen. Wie ein schönes Kleid veredeln und umhüllen sie die einzelnen Bauteile, entfalten eine ephemere Wirkung und stellen für den nicht ortskundigen Park(haus)besucher gleichsam die räumliche Orientierung her. Zudem blendet die Holzverkleidung störende Elemente wie den Notausgang aus, kaschiert unschöne Materialübergänge und dient nicht zuletzt als Absturzsicherung zwischen der oberen und unteren Ebene des Gartens.


Zur Komplexität des Pavillonkonstrukts gesellten sich Sicherheitsvorkehrungen, die berücksichtigt werden mussten: So beharrte etwa die Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu darauf, dass die untersten Holzsprossen leicht abgeschrägt sein müssen, um Kindern den Weg nach oben zu erschweren bzw. diese vor einem Sturz zu bewahren. Zu Diskussionen Anlass gab ferner die glasfaserverstärkte, gewellte Kunststoff-Dachhaut, namentlich weil Vertreter der kantonalen Denkmalpflege und der Stadtbildkommission befürchteten, das „billige“ Material würde den hochwertigen Pavillon abwerten. Vorgeschlagen wurde stattdessen ein nobleres Kupferdach, das aber wiederum für die Architekten nicht in Frage kam, da dieses der Idee der Lichtdurchlässigkeit der Lamellen widersprochen hätte. „Die Transluzenz der Dachhaut trägt wesentlich zur Ästhetik des Pavillons bei“, stellt Schmid fest. Tatsächlich: Man muss schon sehr genau hinschauen, um die Kunststoffhaut überhaupt wahrzunehmen. Viel eher erliegt man der Täuschung, durch das gefächerte Holzdach direkt in den Himmel zu blicken.


Je nach Jahreszeit bietet der Pavillon Schutz vor Sonne, Regen, Wind oder Schnee. Als Belvedere bietet der Ort zudem eine wunderschöne Sicht auf die Altstadt mit St. Oswaldskirche, Maria-Hilf-Kapelle und Burgbachschulhaus. Sogar der Blick auf das blau-weiss gedeckte Ziegeldach des Zytturms ist frei.


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PARKHAUS  – mehr Stabilität  und Brandschutz


Der Neugestaltung des Zuger Stadtgartens ging eine  Sanierung des Parkhauses Casino mit seinen zehn halbgeschossig versetzten Parkebenen und der Zivilschutzanlage voraus. Im Fokus standen, aufgrund einer Expertise zum Thema Statik und fünf Sondierungen vor Ort, die Sanierung und Abdichtung des Dachs und die Erhöhung der Tragsicherheit. Dies auch, weil es hier im Laufe der letzten Jahre zu einer Verschärfung der Normen gekommen ist. Aufgrund feuerpolizeilicher Auflagen musste die Sicherheit zudem auch im Bereich Brandschutz erhöht werden, u.a. durch den Einbau von Abluftkaminen, einer automatischen Sprinkleranlage und einer zusätzlichen Fluchttreppe. Während die Kosten für die Umgebungsgestaltung des Gartens in der Höhe von rund 3,63 Millionen Franken je hälftig von Stadt und Kanton übernommen wurden, kam die Stadt als Eigentümerin des Parkhauses alleine für die Sanierungsmassnahmen der Tiefgarage und der Zivilschutzanlage auf. Eine kostengünstige Umsetzung war dennoch garantiert, weil Vorbereitungsarbeiten und der grösste Teil des Aushubs durch das Gemeinschaftsprojekt Stadtgarten finanziert wurden.